Weg-Wort vom 11. September 2007
Das Leben ordnen
Mach endlich Ordnung! haben wohl viele von uns als Kind gehört, oder
Ordnung muss sein! Heute retten wir uns vielleicht eher aus einer
brenzligen Situation mit der Antwort: Wer Ordnung hält, ist nur zu faul zu
suchen! So ist der Begriff Ordnung mit ganz verschiedenen Gefühlen und
Erfahrungen verbunden. Während er den einen lieb und teuer ist, geraten
andere darüber fast in Panik. Wir wissen, wie Buchstabentreue töten,
Perfektion lähmen oder Drill zerstören kann. Zur Genüge kennen wir Ordnungen
des Todes, wie die Vernichtung von Völkern und Rassen oder sinnlose
Terroranschläge. Indes sind uns auch wohltuende Ordnungen vertraut, wie etwa
ein guter Rhythmus zwischen Arbeiten und Ruhen oder Leben fördernde Regeln
für ein gutes Zusammenleben.
Im spirituellen Leben spielt Ordnung eine bedeutende Rolle. Bei Ignatius von
Loyola ist davon an zentraler Stelle die Rede. In der ersten Anweisung zu
den Exerzitien spricht er von der Befreiung von ungeordneten Neigungen und
der Ordnung des eigenen Lebens. Er betont, dass es in geistlichen Übungen
zuerst darum geht, sich von Gott von allen ungeordneten Neigungen befreien
zu lassen, um den göttlichen Willen zu suchen und zu finden in der Ordnung
des eigenen Lebens zum Heil der Seele (Exerzitienbüchlein 1). Aus eigener
Erfahrung weiss er, dass es Eigenschaften und Verhalten gibt, die eine
zerstörerische Wirkung in Bezug auf sich selbst und andere haben. Daher
sieht er es als unabdingbare Notwendigkeit, sein Leben immer wieder zu
ordnen. Neigungen und Bestrebungen, die nicht dem Heile dienen, bedürfen der
Befreiung und Verwandlung.
Bei der Ordnung im spirituellen Leben geht es also nicht um Ordnung um der
Ordnung willen oder um ein Schema F. Vielmehr soll dadurch Raum für die
Suche nach Gott und seinem Willen entstehen. Das eigene Leben zu ordnen ist
eine Weise der Antwort auf Gottes schöpferische Liebe und Zuwendung.
Schenken wir uns Zeiten und Orte, wo wir vor Gott unser Leben zur Sprache
bringen und es ordnen können. Schenken wir uns Zeiten und Orte für die Suche
nach Gott und seinem heilenden Handeln an uns.
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Hauptbahnhof Zürich
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Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Susanne Wey
Evangelisch-reformierte und Römisch-katholische Kirche