Weg-Wort vom 27. April 2006
Auf dem Weg
Das Osterfest liegt hinter uns. Aber Ostern soll sich in unser Leben hinein
fortsetzen. Deshalb feiern wir es auch nicht nur einen Tag, sondern sieben
Wochen lang. Wahrscheinlich auch deshalb, weil wir es mit einem Geheimnis zu
tun haben, das letztlich unsagbar ist.
Viele Dichter, Maler, Komponisten usw. haben immer wieder versucht, etwas
vom Unsagbaren des Osterfestes auszudrücken. Im heutigen Wegwort vermag uns
vielleicht ein Bild von Thomas Zacharias eine neue Ahnung von der Bedeutung
dieses Festes für unseren Alltag zu vermitteln.
Das Bild trägt den Titel Der Gang nach Emmaus und erinnert an jene beiden
Männer, die am Osterabend Jerusalem verlassen haben. Auf dem Weg gesellt
sich Jesus zu ihnen. Ihre Augen sind verhalten: sie erkennen ihn nicht. Erst
beim gemeinsamen Mahl gehen ihnen die Augen auf.
Der Aufbau des Bildes ist klar: Ein Weg zieht sich von unten nach oben und
läuft zielstrebig auf den Zielpunkt zu. Das Bild ist in drei Zonen
gegliedert. Eine schwarze unten, eine rotgelb-orange oben, dazwischen die
grosse grüne Fläche, die abwechslungsreich in Felder geteilt ist. Der Weg
führt wie aus einer Höhle heraus nach oben, teilt das weite Feld und mündet
in den Lichtstreifen darüber. Den Anfang des Weges bilden drei Gestalten im
schwarzen Block unten. Sie sprengen den Riegel und schreiten miteinander
voran.
Der Künstler stellt das Geschehen am Ostersonntagabend in einen grösseren
Zusammenhang und greift wesentliche Aspekte unseres Mensch- und Christseins
auf. Es nimmt Wegerfahrungen auf, die wir als Menschen machen: auf dem Weg
sein, gemeinsam auf dem Weg sein, ein Ziel vor Augen haben, durch
fruchtbares Land gehen, im Dunkel und zugleich im Licht stehen...
Vom christlichen Glauben her werden diese Erfahrungen vertieft. Wir wissen,
dass durch Jesu Tod und Auferstehung der Todesriegel endgültig durchbrochen
ist. Mit Jesus ist Gott ans Ziel gekommen. Wir aber leben immer noch im
Bereich des Todes. Wir leiden an all dem Bösen, Tödlichen und Sinnlosen in
unserer Welt. Und dennoch stehen auch wir bereits in einem Bereich des neuen
und guten Lebens. Die hellen Spuren auf dem Weg und auf den Personen weisen
darauf hin. An uns ist es, mitten in den alltäglichen Dingen, mitten in
unserer Lebensgeschichte das Gute, Helle und Frohmachende aufzuspüren.
© Bahnhofkirche
Hauptbahnhof Zürich
Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Hans-Ruedi Rüfenacht
Evangelisch-reformierte und Römisch-katholische Kirche
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