Weg-Wort vom 11. Januar 2011
Was du nicht willst
Immer wieder höre ich Klagen über die heutige Zeit. Da ist viel von
Rücksichtslosigkeit die Rede, von Egoismus, Respektlosigkeit,
Karrieredenken, Profitmaximierung, Streben nach Reichtum und Macht
Das
eigene Ich steht dabei stets im Vordergrund. Jeder ist sich selbst der
Nächste, sagt das Sprichwort.
Für den Zürcher Therapeuten Jürg Willi ist die Eigenliebe eine wichtige
Lebensphase allerdings nur als Durchgangsstadium hin zu einer gelebten
Balance zwischen Eigen- und Nächstenliebe. Nur wer die eigenen Bedürfnisse
lebt, kann auf die Bedürfnisse der anderen eingehen. Nur wer sich auf seine
Nächsten wirklich einlässt, findet das gesunde Mass an Eigenliebe.
Für Antony de Mello sind die Menschen nicht deshalb einsam, weil ihnen
niemand hilft, ihre Bürde zu tragen, sondern weil sie nur ihre eigene Bürde
tragen. Wer aber anderen hilft, hilft sich selbst. Liebe heilt jeden. Liebe
heilt die, die sie empfangen, und die, die sie geben.
Die Post prägte einmal den Werbespruch: Willst du ein Telefon mach ein
Telefon. Willst du einen Brief schreib einen Brief. Der Eheberater Walter
Ritter hat diesen Slogan im Sinn der Liebe, die den Empfänger wie den Geber
heilt, auf unser ganzes Leben übertragen:
Willst du Kontakte such Kontakte. Willst du Verständnis versuche andere
zu verstehen. Willst du Aufmerksamkeit schenke Aufmerksamkeit. Willst du
eine Einladung lade ein. Willst du, dass andere Menschen dich grüssen
sag Grüezi! Willst du, dass andere Leute dir die Türe offen halten
halte sie jenen offen, die nach dir kommen. Willst du, dass die anderen
pünktlich sind komme zur Zeit
Willst du freundliche Menschen sei
freundlich. Willst du ein Lächeln lächle selbst. Willst du Liebe schenke
Liebe.
Der Volksmund sagt dazu: Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg
auch keinem anderen zu. Bei Jesus heisst das: Behandelt die Menschen so,
wie ihr selbst von ihnen behandelt werden wollt (Mt 7,12).
Wir wünschen Ihnen einen guten und gesegneten Tag!
Die Seelsorgenden der Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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