Weg-Wort vom 18. September 2007
Vom rechten Umgang mit unserem Mist
Wer von uns mag es Fehler zu machen? Wer gibt schon gerne zu: Da habe ich
Mist gebaut! Unangenehmen Realitäten weichen wir manchmal lieber aus,
versuchen sie zu verdrängen. Wir ärgern uns über weniger liebsame
Eigenschaften und Macken. Wir empfinden das als Störung, gar als Last.
Mitunter versuchen wir sie zu vertuschen oder nicht wahr haben zu wollen.
Die Erfahrung jedoch zeigt, dass unsere Schwierigkeiten nicht weniger
werden, wenn wir sie verdrängen. Dunkles wird nicht hell durch das
Verschliessen der Augen. Vielmehr ist ein geduldiger Umgang mit solchen
Dingen vonnöten. Durch bewusstes Hinschauen und Wahrnehmen können wir
einiges verändern. Bei anderem jedoch spüren wir, dass wir nicht weiter
kommen. Dann möchten wir lieber aufgeben. Für solche Situationen hat uns der
grosse Mystiker Johannes Tauler als Hilfe und Ermutigung eine ganz besondere
Anleitung hinterlassen.
Er rät:
Das Pferd macht den Mist im Stall,
und obgleich der Mist einen Unflat an sich hat,
so zieht dasselbe Pferd doch den Mist
mit grosser Mühe auf das Feld,
und daraus wächst sodann schöner Weizen
und der edle, süsse Wein,
der niemals wüchse, wäre der Mist nicht da.
Also trage deinen Mist - das sind deine Gebrechen,
die du nicht abtun, ablegen noch überwinden kannst -
mit Mühe und Fleiss auf den Acker
des liebreichen Willens Gottes
in rechter Gelassenheit deiner selbst.
Es wächst ohne allen Zweifel
in einer demütigen Gelassenheit
köstliche, wohlschmeckende Frucht daraus.
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Hauptbahnhof Zürich
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Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Susanne Wey
Evangelisch-reformierte und Römisch-katholische Kirche