Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
Weg-Wort vom 12. März 2019
Mehr als ich
Zwei Geschichten habe ich heute für Sie. Dabei geht es um ein erfülltes
Leben. Und das Leben ist immer grösser, weiter, spannender und reicht weiter
als bis zur eigenen Nasenspitze. Wir sind eine Weltgemeinschaft und wir
dürfen als Geschwister leben und lernen, mehr zu sehen als uns selbst.
"Vor vielen hundert Jahren, so wird erzählt, malte ein König eine schwarze
Linie an die Wand und bat dann seine Weisen zu sich: 'Seht ihr eine
Möglichkeit, diese Linie zu verkleinern, ohne dass ihr sie berührt?' Die
Weisen waren verwirrt. Lange dachten sie nach, aber sie fanden keine Lösung.
Bis schliesslich einer hervortrat, den Pinsel in die Hand nahm und über die
Linie des Königs eine zweite, wesentlich längere Linie zeichnete. Ohne, dass
er die Linie des Königs berührt hätte, wurde diese sichtbar kleiner."
"Einem indischen Meister kam zu Ohren, dass der Dümmste unter seinen
Schülern zu Fuss über den Fluss gegangen sei. Er konnte es kaum glauben,
doch der Schüler bestätigte das Gerücht: 'Ja, ich bin über den Fluss
gewandert. Und das verdanke ich dir: Ich habe bei jedem Schritt übers Wasser
deinen heiligen Namen angerufen, und das hat mich getragen.' Der Meister war
verblüfft und begann zu grübeln, welch wunderbare Kraft wohl in seinem Namen
verborgen sein mochte, dass sogar ein dummer Schüler damit übers Wasser
gehen kann. Er musste es gleich ausprobieren, ging an den Fluss und setzte
ohne zu zögern den Fuss auf das Wasser. Dazu rief er mit frommer Inbrunst:
'Ich, ich, ich...' Und versank in den Fluten."
Beide Geschichten habe ich dem Buch entnommen: "Wie schnürt ein Mystiker
seine Schuhe?" von Lorenz Marti.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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