Weg-Wort vom 8. Januar 2013
Auswendig - Inwendig
Eine Freundin von mir berichtete von der Sprachschule. Sie wird für drei
Jahre in Tansania in der Entwicklungszusammenarbeit tätig sein. Im Moment
lernt sie mit ihrer Familie Kisuaheli. Sie schreibt im Rundbrief von der
bildhaften Sprache. Die Beispiele gefallen mir. Die Frage: Was denkst du?,
wird mit den Worten "Wie siehst du?" übersetzt. In der Sprache findet sich
die Kultur. So ist auch in Tansania, wie in vielen Ländern im südlichen
Afrika, die Begrüssung sehr wichtig und nicht mit einem beiläufigen "Tschau"
oder "Grüezi" abgetan. Um die Sprache, die Kultur kennenzulernen, müssen wir
lernen, müssen Wörter auswendig lernen, Grammatik büffeln und immer wieder
üben.
Wir lernen auswendig um etwas inwendig zu wissen. Learning by heart, kudziwa
ndi mtima (wissen mit dem Herz), savoir par coeur verschiedene Sprachen
drücken das Lernen, das Auswendiglernen anders aus, als wir in Deutsch.
Ob in den Schulen immer noch auswendig gelernt wird, wie wir oder unsere
Eltern es erlebt haben? Ich liebe es, wenn meine Mutter Erich Kästner
aufsagt und mein Vater Schillers "Glocke" zitiert. Selber kenne ich nur noch
wenige Gedichte auswendig. Auswendig kann ich fast nur noch, was mir
inwendig gefällt, was mir wichtig ist.
Im Buch der Psalmen lesen wir: "Glücklich sind die Frau, der Mann, die nicht
nach den Machenschaften der Mächtigen gehen, nicht auf dem Weg der Gottlosen
stehen noch zwischen Gewissenlosen sitzen, sondern ihre Lust haben an den
Weisungen Gottes, diese Weisungen murmeln Tag und Nacht. (Ps 1,1f)
Tag und Nacht ein Murmeln der Weisungen, der Gebete. Ich glaube, ich
verstehe. Nicht auswendig beten, inwendig beten. Nicht ab und zu im Leben
beten, sondern das Leben ein Gebet sein lassen.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
© Ökumenische Bahnhofkirche m Hauptbahnhof Zürich
info(a)bahnhofkirche.ch
www.bahnhofkirche.ch
www.offene-tuer.net