Weg-Wort vom 1. August 2012
Was uns im Moment fehlt
Von Leonhard Ragaz (1868 - 1945), reformierter Theologe und Mitbegründer der
religiös-sozialen Bewegung der Schweiz kommt das folgende Wort: "Schon das
Kommen des Reiches (Gottes) ist auch Sache des Menschen. Es ist gerüstet, es
wird angeboten, aber es kommt nicht, wenn nicht Menschen da sind, die darauf
warten, die darum bitten, die für sein Kommen arbeiten, kämpfen, leiden."
Ich sehe im Moment nicht viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
Mitkämpferinnen und Mitkämpfer. Und dafür leiden wollen die wenigsten. Was
ich wahrnehme, ist eine grosse Entsolidarisierung in unserem Land, ein
Rückzug in die eigene, private Welt. Hauptsache mir geht es gut. Was will
ich mich um Gott und die anderen Menschen kümmern?
Und unseren "Leadern", den Exponenten in Kirche und Gesellschaft, fehlt die
Courage zu mutigen Tagen, zum Hinstehen für Glauben und Überzeugung. Nur im
stockkonservativen Bereich, in der rigiden Aus- und Abgrenzung, bei den
Antreibern der Entsolidarisierung sind starke Auftritte zu sehen. Und sie
scharen Menschen hinter sich, die sie im Endeffekt hintergehen.
Was uns im Moment fehlt, was wir also dringend brauchen, sind Menschen und
Leitpersonen, die sich für das Reich Gottes geprägt von Solidarität,
Genossenschaftlichkeit, Liebe und Barmherzigkeit stark machen. Christen
sollen sich outen und stark machen für diese Werte. Das ist Gottes Wille.
"Was ihr einem dieser meiner geringsten Brüder, einer dieser meiner
geringsten Schwester getan habt, das habt ihr mir getan." (Mt 25,40)
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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