Weg-Wort vom 11. November 2010
Nächstenliebe hat keine Stunde
Heute ist der 11. November. Für viele unserer nördlichen Nachbarn wird um
11.11 Uhr die Fasnacht ausgerufen, und bei uns fangen manche Guggenmusiken
an, für die Fasnacht zu proben.
Ich denke seit Kindesbeinen an diesem Tag eher an den hl. Martin, jenen
Bischof von Tours, der vor gut 1600 Jahren gelebt hat. Über all die
Jahrhunderte ist er den Menschen bis heute in lebendiger Erinnerung
geblieben, weil er das lebte, was er predigte, nämlich tätige Nächstenliebe.
Die Legende besagt, er habe als junger Soldat in einem strengen Winter am
Stadttor von Amiens einen Bettler angetroffen. Alle Menschen gingen offenbar
achtlos an ihm vorbei. Weil er nichts anderes bei sich hatte, zerteilte
Martin seinen Militärmantel und gab die eine Hälfte dem Frierenden. Das
brachte ihm den Spott einiger Umstehender ein, da er mit dem halben Mantel
nun selber erbärmlich aussah. In der folgenden Nacht erschien Martin im
Traum Christus, bekleidet mit dem halben Militärmantel. Für Martin war das
ein Zeichen Gottes. Er liess sich taufen. Er hatte sich Gottes Sache zu
seiner eigenen gemacht.
Wir werden kaum mehr einen frierenden Bettler im Schnee antreffen. Dafür
spüren viele Menschen eine andere bittere Kälte: die Kälte aus
Gleichgültigkeit, Lieblosigkeit, Missverständnissen, Streit, Trennung, die
Kälte aus Wortlosigkeit, Einsamkeit. Heute wie damals braucht es den Martin,
der hinschaut, der Not wahrnimmt und seinen Mantel teilt: den Mantel der
Güte und Nähe, den Mantel der Sorge und Anteilnahme, den Mantel tatkräftiger
Hilfe. (Gisela Baltes)
Ich habe einmal eine Wanduhr gesehen, die ohne Zeiger gefertigt war. Somit
kann man weder die Stunden noch die Minuten an ihr ablesen. Stattdessen ist
ein Spruch über dem Zifferblatt angebracht: Nächstenliebe hat keine
Stunde. Wie wahr! Denn jede Stunde und Minute ist die richtige dafür.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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