Weg-Wort vom 17. August 2011
Angst
Der Brustkorb schnürt sich zusammen und es wird so eng, dass die Luft
wegbleibt: Das macht Angst. Panik ist dann nicht weit weg. Wenn Angst und
Panik das Handeln bestimmen, kommt selten etwas Gutes heraus. Für solche
Momente habe ich atmen gelernt, ruhig und regelmässig: Eins, zwei, drei,
vier fünf, stop. - Und fünf, vier, drei, zwei, eins, stop. - Und wieder
von vorn. Es beruhigt, die Hände werden warm und trocken, das Herz schlägt
ruhig, das Denken wird klar.
In den letzten Wochen geht die Angst um, weltweit. Die Angst vor dem
Bankrott von ganzen Ländern und Wirtschaftsräumen. Die als freie
Marktwirtschaft hochgejubelte Art vom "über die Verhältnisse leben" ist wie
ein Vulkan explodiert und ergiesst sich nun als Angst-Lava über Länder und
Kontinente. Wenige haben verdient und alle andern bezahlen die Rechnung.
Angst um die eigene Existenz kommt hoch. Diese Angst wird genutzt und einige
tun das meisterhaft: So werfen wir die Menschlichkeit gleich dem Geld
hinterher, die Verantwortung füreinander, die Solidarität untereinander auch
noch. Nur noch an sich selber denken und Unschuldige prügeln. Angst macht
blind und leichtgläubig. Gefördert und genährt, macht sie aus ganz
liebenswürdigen Menschen Monster, die schwarz-weiss Lösungen propagieren,
Monster, die Klima vergiften. Menschlichkeit wird als Schwäche verspottet
und mit Stiefeln getreten.
Ich lasse mir aber meine Angst nicht nehmen. Andere dürfen keine Spielchen
mit ihr treiben und mich so unmenschlich, lieb- und verantwortungslos
machen. Ich weigere mich auch, mich von meiner Angst ganz und gar bestimmen
zu lassen. Im Johannesevangelium sagt Jesus zu den JüngerInnen: "In der Welt
habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden." - Das
hilft den Kopf frei zu machen für menschliche Entscheide in Politik und
Wirtschaft und im persönlichen Bereich. - Bestimmen Sie, wählen Sie, aber
nicht aus Angst - atmen Sie vorher ruhig ein und aus.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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