Weg-Wort vom 9. November 2009
Verbindlichkeit oder: Eine Liebesgeschichte
Herumliegender Abfall, Schmierereien, ungebührlicher Lärm viele Menschen
ärgern sich über das rücksichtslose, egozentrische Verhalten verschiedener
ihrer Zeitgenossen. Manche von ihnen nehmen Teile des öffentlichen Raumes
fast wie ihren privaten Bereich in Anspruch. Allgemein gültige Regeln
gesellschaftlichen Verhaltens verlieren zunehmend an Beachtung und Respekt.
In einer Gesellschaft, in der der Wert des Menschen vor allem von seinem
Konsumverhalten, von seiner Verfügbarkeit für den Markt bestimmt wird, ist
es nicht erstaunlich, dass die sozialen Verbindlichkeiten an Bedeutung und
Kraft verlieren.
Als soziales Wesen ist der Mensch auf Beziehungen angewiesen. Zu jeder
Beziehung aber gehört eine mehr oder weniger ausgeprägte Verbindlichkeit.
Diese beginnt bei mir selbst. Die Beziehung zu mir selbst ist Voraussetzung
und Grundlage jeder Verbindung, die ich nach aussen eingehe.
Mit einem gesunden Selbstwertgefühl weiss ich mich mit der Welt, mit meiner
Umgebung gesund und gut zu verbinden. Wo es aber beeinträchtigt ist oder
fehlt, stellt sich schnell Bindungsangst ein bis hin zur
Bindungsunfähigkeit. Menschen ohne gesundes Selbstwertgefühl tun sich darum
eher schwer, soziale Verbindlichkeiten zu respektieren.
Ein gesundes Selbstwertgefühl zu entwickeln ist darum vorrangiges Ziel einer
jeden Erziehung und Bildung. Lernen, mich selbst anzunehmen, mich so zu
lieben wie ich bin, ist vielleicht die grösste und wichtigste
Liebesgeschichte meines Lebens eine, die nie endet!
Auf eine weitere Bindungsfähigkeit über mich hinaus verweist die Religion -
wörtlich Rückverbindung. Religion verbindet mich mit dem mir Tiefsten und
Eigensten, mit dem Urgrund meines Lebens, mit der göttlichen Liebe. Richtig
verstandener Glaube verbindet mich stets mit der Liebe. Der Glaube ist
deshalb eine gute Grundlage, mich selbst und meine Nächsten lieben zu lernen
und mit ihnen und mir verbindlich zu leben.
Wir wünschen Ihnen einen guten und gesegneten Tag!
Die Seelsorger und Seelsorgerinnen der Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Iris Daus, Susanne Wey
© Bahnhofkirche
Hauptbahnhof Zürich
www.bahnhofkirche.ch
info(a)bahnhofkirche.ch