Weg-Wort vom 26. November 2009
Gottesbilder
Glauben Sie an Gott? Ja? Wie stellen Sie sich ihn
dann vor? Wie nehmen Sie Gott wahr? Wie und wo erleben Sie ihn? Welchen
Zugang haben Sie zu Gott, was für ein Bild von ihm? Ist er ein wesenhafter
persönlicher Gott für Sie, ein ansprechbares Vis-à-vis auf Du und Du? Oder
ist Gott für Sie eine höhere
Macht, mit der sich das Unerklärliche erklären lässt?
Ursprünglich dienten plastische Gottesbilder oder gemalte Darstellungen von
Göttern dazu, die Gottesvorstellung realistischer zum Ausdruck zu bringen.
Aber schon die antike jüdische Religion lehrte und lehrt bis heute das
Nichtanfertigen von Gottesbildern, und das gleiche gilt für den Islam.
Die jüdisch-christlicheTradition sagt: Du sollst dir kein Gottesbild machen
und keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten
oder im Wasser unter der Erde. (Ex 20,4) Und doch suchen wir den Kontakt zu
diesem unseren Gott, wir beten zu ihm, d.h. wir reden mit ihm, klagen ihn
an, hadern mit ihm, bitten, danken diesem unsichtbaren Gott. Wie sollten wir
an einen Gott glauben können, ohne uns ein Bild von ihm zu machen? Gott als
Schöpfer, Jesus als Menschwerdung Gottes, und wir Menschen als Abbild des
Göttlichen?
Wie stelle ich als eines seiner Geschöpfe mir meinen Gott vor? Angesichts
der Grösse dieser geheimnisvollen Weltordnung, und allen
naturwissenschaftlichen Entschlüsselungen zum Trotz, bin ich immer wieder
sprachlos und versuche eine Antwort mittels einer Erzählung:
Ein französischer Gelehrter durchstreift, mit einigen Arabern als Führer,
die Wüste. Beim Sonnenuntergang breiten die Araber ihre Teppiche auf dem
Boden aus und beten. Was machst du da? fragt er einen. Ich bete. Zu
wem? Zu Allah. Hast du ihn jemals gesehen betastet gefühlt? Nein.
Dann bist du ein Narr! Am nächsten Morgen, als der Gelehrte aus seinem
Zelt kriecht, meint er zu dem Araber: Hier ist heute Nacht ein Kamel
gewesen! Da blitzt es in den Augen des Arabers: Haben Sie es gesehen -
betastet - gefühlt? Nein. Dann sind Sie aber ein sonderbarer Gelehrter!
Darauf der Gelehrte: Aber man sieht doch rings um
das Zelt die Fuss-spuren! Da geht die Sonne auf in all ihrer Pracht. Der
Araber weist in ihre Richtung und sagt: Da sehen Sie die Fuss-spuren
Gottes!
Gott ist schöpferische Liebe, die Fuss-spuren ihr sichtbarer Ausdruck, und
wir die geheime Achse, um welche seine Ewigkeit, um welche sein Leben
schwingt.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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