Weg-Wort vom 2. Februar 2010
Die drei Siebe
Aufgeregt kam jemand zu Sokrates gelaufen. "Höre, Sokrates, das muss ich dir
erzählen, wie dein Freund ..."
"Halt ein!" unterbrach ihn der Weise, "hast du das, was du mir sagen
willst,
durch die drei Siebe geschüttelt?"
"Drei Siebe?" fragte der andere voll Verwunderung. "Ja, mein Freund, drei
Siebe! Lass sehen, ob das, was du mir erzählen willst, durch die drei Siebe
hindurchgeht. Das erste Sieb ist die Wahrheit. Hast du alles, was du mir
erzählen willst, geprüft, ob es wahr ist?" "Nein, ich hörte es erzählen, und
..." "So, so. Aber sicher hast du es mit dem zweiten Sieb geprüft, es ist
das Sieb der Güte. Ist das, was du mir erzählen willst, wenn schon nicht als
wahr erwiesen, wenigstens gut?" Zögernd sagt der andere: "Nein, das nicht,
im Gegenteil ..."
"Dann", unterbrach ihn der Weise, "lass uns auch das dritte Sieb noch
anwenden und lass uns fragen, ob es notwendig ist, mir das zu erzählen, was
dich so erregt."
"Notwendig nun gerade nicht ... " "Also", lächelte Sokrates,
"wenn das, was
du mir erzählen willst, weder wahr noch gut noch notwendig ist, so lass es
begraben sein und belaste dich und mich nicht damit!"
Jedes Mal wenn ich diese Geschichte höre, schaue ich sehr selbstkritisch auf
mich. Ich beleuchte und frage mich: In wie weit bin ich mitschuldig an
allem, was ich als Problem, als Sorge wahrnehme? Was muss ich an mir ändern,
dass ich nicht immer wieder in die gleichen Fallen trete?
Und ich spüre beim Hören der Geschichte, dass ich manches Mal mitschuldig
bin an meinem Unglück. Und genau das will ich in den Griff bekommen. Wir
müssen kritischer mit uns selbst und mit unserer Sicht der Welt umgehen. Das
wird uns allen Entlastung schenken!
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
© Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
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