Weg-Wort vom 14. Februar 2011
Ein neuer Zeitgeist ?!
Vergangene Woche las ich in der Zeitung den Beitrag eines jungen Mannes über
die Rollenbilder verunsicherter, eher rechtsstehender Männer unter dem
Titel: Die Angst formt keine starken Männer.* Diese Kolumne hat bei mir
und einigen Freunden intensive Gespräche ausgelöst. Vielleicht regt Sie
dieser etwas gekürzte Text ebenso an zu weiterführenden Gesprächen in der
Familie oder unter Freunden. Sie können dabei das Wort Männer auch durch
Menschen ersetzen:
Verunsicherte Männer sagen uns, dass das Leben ein Kampf aller gegen alle
sei und dass wir Angst haben müssten, weil wir bedroht seien. Durch
Ausländer, Linke, Schwule und eben auch durch emanzipierte Frauen. Wir
müssten diese Gruppen nur unten halten, dann hätten wir weniger
Unsicherheit. Dieses Versprechen
funktioniert nicht. Weil wir so nicht
männlicher werden. Im Gegenteil.
Wir können nämlich nur miteinander ändern, was uns verunsichert, nicht
gegeneinander. Das mag nicht dem rechten Zeitgeist entsprechen, der uns als
einsame Bedrängte, Opfer von Sachzwängen und bedrohte, auf uns allein
gestellte Eidgenossen sieht. Aber ein neuer Zeitgeist kann geschaffen
werden. Das haben junge Männer schon öfter hinbekommen. Immer dann, wenn sie
gesagt haben: Heraus-forderungen? Ja, gerne!
Wie schaffen wir einen neuen Zeitgeist? Indem alle mitreden, die Wert darauf
legen, so leben zu können, wie es ihnen gefällt. Wer die individuelle
Freiheit verteidigen will
, der kommt nicht weit, wenn er alle anderen als
Konkurrenten begreift. Wer innerhalb der Gesellschaft stark und respektiert
sein will, muss dafür einstehen, dass sich auch Andersdenkende, -fühlende,
-lebende stark und respektiert fühlen können. Andernfalls entsteht ein
lähmendes, destruktives Klima des gegenseitigen Erniedrigens. Das heisst
konkret: Männer finden nur dann zum selbstbewussten Mannsein, wenn sie fähig
sind, mit oder unter selbstbewussten Frauen zu arbeiten, selbstbewusste
Frauen zu mögen, selbstbewusste Frauen zu lieben
Wir wollen nicht, dass uns die Politik ernst nimmt. Wir wollen als junge
Männer zusammen mit jungen Frauen die Politik gestalten
Zu viele Politiker
machen Politik für die Leute statt mit den Leuten
Uns geht es darum, mit
unserer Generation mitten im Leben Politik zu machen. In den
Fussballkabinen, am Arbeitsplatz und in den Bars genauso wie im
Nationalratssaal. Für uns gilt: Richtige Männer packen Probleme an und
überwinden sie. Gemeinsam.
* Tages-Anzeiger Zürich, 7. Febr. 2011, von Severin Toberer
Wir wünschen Ihnen einen guten und gesegneten Tag!
Die Seelsorgenden der Bahnhofkirche
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