Weg-Wort vom 27. September 2007
Reisen - Begegnen
Und als er seine Augen erhob und den Reisenden auf dem Platz der Stadt sah,
sagte der alte Mann: Wohin gehst du und woher kommst du?
Der alte Mann erkannte im Reisenden einen der zu seinem Stamm gehörte. In
der Fremde lebend, freute es ihn einem Menschen zu begegnen, der seine
Heimat kannte.
Woher kommst du, wo gehst du hin? Oft schon wurde mir diese Frage gestellt,
oder ich stellte sie selbst. Auf Reisen hat man viel Zeit. Wartezeit, bis
zur Abfahrt, Zeit um mit andern Menschen zu reden. Und immer wieder stellt
man überrascht fest, dass es Gemeinsamkeiten gibt.
Man kennt dieselbe Stadt, ist von denselben Büchern begeistert oder zieht
eine bestimmte Küche vor. Begegnungen mit neuen Menschen gehören für mich zu
den Höhepunkten einer Reise.
Man trifft aufeinander, tauscht sich aus und zieht weiter. Auch wenn ich
schon längst wieder zuhause bin, denke ich gerne an diese Momente zurück.
Staunend über die Möglichkeiten, die in mancher von diesen Begegnungen
liegen. Reist man alleine kann man diese Möglichkeiten besser ausschöpfen.
Man ist offen und frei für sich zu entscheiden. Ich habe so schon wunderbare
Menschen kennen gelernt. Manchmal sind diese Begegnungen so bereichernd,
dass ich mich schon oft fragte, ob da noch eine höhere Macht mit im Spiel
war.
Woher komme ich, wohin gehe ich? Das können wir uns aber auch fragen in
bezug auf unser eigenes Leben. Auch im Alltag kommt es immer wieder zu
unerwarteten Begegnungen.
Da erfährt man Neues über sich, bekommt ein Kompliment, oder muss vielleicht
sogar Kritik einstecken. Ich habe es mir zur Regel gemacht, wenn ich zwei-
oder gar dreimal von verschiedenen Seiten, denselben Hinweis höre, das Thema
von mir aus weiter zu verfolgen. Schon oft hat sich so eine Wende in meinem
Leben angekündigt.
Unerwartete Begegnungen mit Menschen können zu kostbaren Ereignissen im
Leben werden. Sich austauschen, zu verstehen versuchen, oder gar einander
beherbergen und Schutz gewähren. Das ist vom Besten, was wir Menschen für
einander sein können. So kann uns Gott erreichen, auch wenn wir ihn sonst
kaum hören.
© Bahnhofkirche
Hauptbahnhof Zürich
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Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Susanne Wey
Evangelisch-reformierte und Römisch-katholische Kirche