Weg-Wort vom 15. November 2006
Gott ist mit uns auf dem Weg (Psalm 48)
Das biblische Israel ist überzeugt: Jerusalem kann nie fallen, weil der Herr
dort seine Heimstatt hat. Der 48. Psalm berichtet davon: Der Herr ist gross
und hoch zu loben! In unserer Gottesstadt liegt sein heiliger Berg, ein
herrlicher Gipfel, alle Welt erfreut sich an ihm. (Ps 48.2-3a) Die
Geschichte zeigte dann aber ein anderes Geschehen. Jerusalem fiel, wurde
geschleift und später zwar wieder aufgebaut, erreichte aber nie mehr den
alten Glanz.
In neutestamentlicher Zeit wuchs dann die Erwartung eines noch
vollkommeneren, eines himmlischen Jerusalem. Ich kann mit dieser Vorstellung
nichts anfangen. Sie ist mir sehr fremd. Und sie hat einen eigenartigen
Beigeschmack. Denn im realen Jerusalem ist heute der Tempelberg ein
Streitobjekt erster Güte. Juden, Moslems und auch fanatische Christen
erheben Anspruch darauf. Das hat nichts, gar nichts mit Gott zu tun.
Für mich ist Gott nicht an Örtlichkeiten, an Gebäude gebunden auch nicht
an Kirchen und Kapellen. Ich kann seine Präsenz überall spüren und am
ehesten dort, wo ich mit anderen Menschen in Frieden und Solidarität
zusammen bin. Gott ist mit uns auf dem Weg. Jesus Christus hat ihn uns als
den Gott mit uns nahegebracht.
Darum gefallen mir auch die letzten beiden Zeilen des Psalms 48 so gut. Da
heisst es: Er gehört für alle Zeit zu uns; er wird uns immer leiten! (Ps
48.15b) Und weil Gott oder wie auch immer wir ihn je nach unserem Glauben
und unserer Religion nennen mögen mit uns auf dem Weg ist, können wir
einander ohne Angst und friedlich und solidarisch begegnen.
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