Weg-Wort vom 15. Februar 2012
Tun, was vor Augen ist
"Er hat dir kundgetan, Mensch, was gut ist, und was der Herr von dir fordert: Nichts
anderes, als Recht zu üben und Güte zu lieben und in Einsicht mit deinem Gott zu
gehen." (Mi 6,8)
Das tönt, als ob es jemand satthat, immer neu zu wiederholen, was sonnenklar ist und was
der Angeredete längst weiss. In diesem Fall: wie ein Mensch leben soll, um mit Gott im
Reinen zu sein. Über das "Recht zu üben und Güte zu lieben" brauchen wir nicht
zu reden - Nächstenliebe als Forderung ist so selbstverständlich, dass diese Aufforderung
als Lösung aller Fragen schon Lacher im Kabarett verursacht: so einfach ist es doch nicht,
da spult jemand sein ethisches Pflichtprogramm ab!
Liegt es vielleicht daran, dass der zweite Teil der Forderung - "in Einsicht mit
deinem Gott zu gehen" - eher als überflüssig, als Thema nur für "ganz
Fromme" angesehen wird?
Wo Nächstenliebe konkret wird, fangen die Diskussionen an: Ob auch der, der eine andere
Meinung vertritt, einen anderen Lebensstil bevorzugt, ein Nächster sei? Oder der
Politiker, der doch seinen Job macht. Oder die Fremde.
Und: was Liebe sei: was mir guttut oder vielleicht (auch) das, was ich nicht gern habe. Ob
den Menschen in Afrika wirklich geholfen sei mit den gut gemeinten Aktionen?
Was für tiefsinnige Gedanken! Nur machen wir die Dinge gern kompliziert, wenn wir
Unangenehmes tun sollen: Wir diskutieren über die Themenstellung, wenn es zu mühsam
scheint, den Aufsatz zu schreiben. "Wer ist denn mein Nächster?", hat der Fromme
einst Jesus gefragt. Tu, was vor Augen liegt, du weisst es schon, tu das und dann wirst du
erfüllen, was Gott will. Und nur darum wirst du es tun - nicht, weil der Nächste dir
nahesteht!
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
© Ökumenische Bahnhofkirche im Hauptbahnhof Zürich
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