Weg-Wort vom 3. August 2012
Wo bist Du denn?
Es summt ein Lied in meinem Ohr. Der Text beginnt mit: "Wo, wo Mensch, wo,
wo bist du denn?" Und meine Frage lautet: Wo bist Du Gott?
Es gibt Tage, da habe ich mehr Fragen an Gott, als dass es Antworten geben
kann. Ich suche dann Halt und Zuversicht. Es ist diese Suche nach Halt und
Hoffnung, die immer wieder auch Besucher und Besucherinnen der Bahnhofkirche
zu uns ins Gespräch bringt. Schöne Worte oder ein Glaubensbekenntnis sind
dann wenig hilfreich. Es ist nicht das, was die Menschen suchen.
Und was suchen sie dann? Was gibt Halt? Was gibt Hoffnung?
Beten, ja vielleicht. Weinen auch. Reden, ruhig werden, alleinsein,
Gespräche mit Freundinnen, ein Spaziergang, sich an Situationen erinnern, wo
Hilfe und Hoffnung erfahren wurde. Und als Christinnen und Christen suchen
wir Halt und Hoffnung bei Gott. Unsere Fragen und unser Schreien nach Gott
führen uns immer wieder auch zu den Menschen. In einem anderen Lied heisst
es: "DU bist da, wo Menschen leben, DU bist da wo Hoffnung ist, DU bist da
wo Liebe ist."
Gottesbegegnungen geschehen immer wieder da, wo mir Menschen begegnen.
Antworten auf die Frage: "Wo ist Gott?" finde ich in der Liebe, im Leben in
der Hoffnung, in Begegnungen. Das schreibt und liest sich so einfach, ist es
nicht immer!
Ich lese im Moment das Buch "Rettungswiderstand". Das Buch erzählt von
kleinen und grossen Rettungsversuchen, die in Nazideutschland stattfanden.
Viel geschah im Kleinen und Versteckten. "Die Menschen waren keine Helden,
es waren ganz normale Menschen, die aus der Vorstellung heraus handelten,
etwas Selbstverständliches und moralisch Gebotenes zu tun", das schreibt
Wolfram Wette im Vorwort. Viel von dem Widerstand wurde erst Jahre später
entdeckt, anerkannt und gewürdigt. Manchmal liegt die Hoffnung, der Halt im
Versteckten. Gott ist da, wo Menschen menschlich handeln, voll Liebe und
grenzenloser Hoffnung.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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