Weg-Wort vom 14. März 2100
Von unten und von oben gesehen
Der Bahnhof ist ein Knotenpunkt des Lebens. Hier laufen die
unterschiedlichsten Fäden aus vielen Lebensbereichen zusammen und verdichten
sich zu einem buntfarbigen Gewebe:
Hier verbinden sich strenge Arbeit und erholsamer Feierabend. Hier
verknüpfen sich Schmerz und Freude, Einsamkeit und Menschenmasse, Aufgabe
und Freizeit, Stress und Entspannung. Hier kommen sonderbarerweise auch Eile
und Warten zusammen, zwei Eigenschaften, die sich sonst kaum zu treffen
pflegen. Der Bahnhof verknüpft die vielfältigsten und unterschiedlichsten
Erfahrungen des Lebens wie zu einem sonderbaren und einzigartigen Teppich.
Gott,
auf dem Bahnhof bist du der Vater einer riesigen Familie. Du bist für alle
da und verschenkst deine Liebe an jeden Menschen gleich welcher Herkunft.
Gott, lass uns erkennen, dass wir nur das einseitige und unvollkommene Bild
unseres Lebens wahrzunehmen vermögen. Wie bei einem gestickten Teppich, der
uns auf seiner Rückseite nur ein wirres oder chaotisches Bild zeigt. An
dessen Unterseite zudem immer wieder lose Fäden wie unfertige, fehlerhafte
Versuche herunterhängen.
Du aber, Gott, du schaust auf das Muster von oben. Du siehst das
vollständige Bild unseres ganzen Lebens mit all seinen vielen Farben und
Facetten in seiner ganzen manchmal auch verqueren Buntheit und
Schönheit. Aus deiner Sicht knüpfen selbst unsere unfertigen Versuche,
unsere Mängel und unser Versagen am vollkommenen Bild unseres Lebens mit.
Gott, schenke uns die Gnade und die Kraft deines Geistes, dass wir den
Teppich unseres Lebens vor allem mit den Fäden der gegenseitigen Achtung,
des engagierten Wohlwollens, der ausgleichenden Gerechtigkeit und der
ungeschuldeten Liebe knüpfen. Amen.
Wir wünschen Ihnen einen guten und gesegneten Tag!
Die Seelsorgenden der Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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