Weg-Wort vom 9. April 2009
Abschiedsfeier
Am Hohendonnerstag feiern wir den Ursprung des wohl tiefsten und schönsten
Geheimnisses unseres Glaubens: der Eucharistie beim Letzten Abendmahl Jesu.
Und doch - so scheint mir - will heute Abend keine rechte Festfreude
aufkommen. Denn auf das Letzte Abendmahl folgt die Nacht der Todesangst Jesu
und der Karfreitag seines Leidens und Sterbens am Kreuz. Nein, das Letzte
Abendmahl Jesu ist kein fröhliches Festessen im Freundeskreis, sondern ein
Abschiedsmahl.
Abschiednehmen ist eine Grunderfahrung unseres Lebens. Abschiede sind nicht
immer gleich. Das eine Mal nehmen wir erleichtert und voller Zuversicht
Abschied. Wir sehen freudig einer neuen Zukunft und neuen Taten entgegen. So
ist es meistens, wenn die Jungen aus dem Elternhaus ausziehen. Ein anderes
Mal lähmt uns der Abschied. Er scheint uns alles wegzunehmen. Zuviel müssen
wir loslassen und opfern.
Auch Jesus hat vor seinem Leiden und Sterben Abschied genommen, und zwar
ganz bewusst. Jesus versteht seinen Weg als Liebe bis ans Ende: bis ans Ende
seines Lebens und bis zu seinen äussersten menschlichen Möglichkeiten. Im
Zeichen der Fusswaschung teilt er seinen Jüngern und Jüngerinnen seine
innerste Haltung mit: Er will nicht herrschen, sondern dienen. Und das ist
sein Vermächtnis: Auch sie sollen einander in selbstloser Liebe dienen.
Von Jesus können wir lernen, unsere Abschiede zu bestehen und zu gestalten.
Was in jeder Abendmahl- oder Messfeier begehen, ist die Erinnerung an das
"Letzte Abendmahl Jesu". In diese Feier können wir immer wieder den Schmerz
unserer Abschiede hineinlegen. Und aus dieser Feier können wir auch immer
neu Kraft schöpfen, um den Schmerz des Abschiedes zu ertragen. So weist uns
der Hohedonnerstag darauf hin, dass die Abendmahlsfeier in ihrem Ursprung
ein Sakrament des Abschieds ist, eines Abschieds, der immer schmerzlich ist,
der für uns aber auch voller Hoffnung ist.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Susanne Wey, Beat Schlauri
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