Weg-Wort vom 10. Oktober 2011
Welt-Sicht
Welt-Sicht nicht Weit-Sicht! Oder ist beides dasselbe? Nach meiner Erfahrung
nicht immer. Als ich in meinem Leben das erste Mal eine nicht eurozentrierte
Weltkarte sah, musste ich einen zweiten Blick auf die Karte werfen, weil
meine Augen irritiert waren und ich "meine Schweiz" nicht sofort finden
konnte. Die neue Welt-Sicht hat mir persönlich die Augen geöffnet. Es war
mir vorher wirklich nicht bewusst, wie eurozentriert ich die Welt anschaue.
Mein Weltbild habe ich als selbstverständlich, als "richtig" angesehen.
Dabei hatte ich damals schon Bücher gelesen über das Reich der Mitte, hatte
von Matteo Ricci gehört, und trotzdem habe ich die Worte "Land der Mitte"
nie mit einem "Welt-Bild" in Verbindung gebracht.
Natürlich kann auch eine Reise das Welt-Bild, die Welt-Sicht verändern.
Der Tsunami, der im Dezember 2004 grosse Verwüstungen und Leid brachte, hat
das Welt-Bild vieler Menschen verändert. Oder auch bekannte
Verallgemeinerungen wie diese Ausländer, diese Bettler, diese Säufer
werden oft revidiert, sobald persönliche Beziehungen zu eben solchen
Personen aufgebaut werden. Wenn wir uns Zeit nehmen um uns ein Bild zu
machen, wenn wir uns eingestehen, dass es nicht einfach eine Welt-Sicht
gibt, wenn wir immer wieder unseren Blickwinkel ändern, um neue Welt- und
Weit-Sicht zu erhalten, dann gehen neue Türen auf. Dann kann sich unser
Welt-Bild ändern. Geben wir uns doch die Chance auf ein neues Welt-Bild.
Wagen wir es, unsere wohlgemeinte Normalsicht ab und zu beiseite zu legen.
Gönnen wir uns neue Blickwinkel, Ansichten und Aussichten. Öffnen wir unsere
engen Grenzen, unsere enge Sicht und wandeln sie in Weite. Es wird uns nicht
schaden.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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