Weg-Wort vom 24. November 2010
Aufeinander zugehen
In einem Tagebuch, das ich lesen durfte, standen die folgenden Worte:
Wie ein schwerer, dunkler Kloss aus Trauer und Einsamkeit, Erschöpfung und
Übelkeit bin ich. Keine Kraft, keine Freude, kein Licht, keine Hand!
Schmerzen machen mich dumpf, Trauer stumpf, Verletzungen wund und krank.
Herr, erbarme dich!
Ich bin krank, elend, erschöpft, leer und stumpf. Keiner merkt es. Es geht
immer weiter. Keine Ruhe, keine Besinnung, keine Erholung. Wenn einer mal
sagen würde: Ruh dich aus! Alle fordern, erwarten, beanspruchen. Herr,
erbarme dich!
Ich bin nur noch betäubter Schmerz, weggeschobene Angst, überspielte
Ohnmacht, verdrängte Kränkung, tiefe Einsamkeit.
Herr, erbarme dich!
Alles in mir schreit. Die Seele schreit nach Geborgenheit. Die Nerven
schreien nach Ruhe. Die Augen verlangen nach heilen Bildern. Das Herz möchte
Frieden. Die Ohren lauschen auf gute Worte. Die Beine wollen Bewegung. Die
Hände suchen einen festen Halt. Die Lunge schreit nach frischer Luft. Der
Kopf möchte Klarheit. Der Leib sucht Wärme und Fürsorge. Mein ganzer Mensch
schreit: Herr, erbarme dich!
Ich gebe mein Leben auf - dich, Herr!
Ich bin froh, dass dieser Mensch mich angesprochen hat, mich diese Zeilen
lesen liess. Das machte ein Gespräch möglich und ein Miteinandergehen und
Einanderhalten in schwerer Zeit. Das hat uns beiden gut getan. Und ich habe
beschlossen und das möchte ich auch Ihnen ans Herz legen -: Ich will
aufmerksamer mit meinen Nächsten umgehen. Ich will sie ansprechen, wissen
wie es ihnen geht. Ich will nicht warten, bis sie verzweifelt Hilfe suchen,
oder ich hilflos wahrnehmen muss, dass jede Hilfe zu spät gekommen ist. Ich
will mich anbieten als Gesprächspartner und Mitträger an ihren Lasten. Und
ich will Gott bitten, dass er ihnen und mir beisteht.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
© Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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