Weg-Wort vom 29. Dezember 2006
Die Wertschätzung
Eine Neujahrsgeschichte zur Nachahmung
Eines Tages verteilte die Lehrerin ein Blatt mit den Namen aller
Schülerinnen und Schüler der Klasse. Sie sollten neben jeden Namen
schreiben, was sie an dieser Person besonders mochten und schätzten. Nach
einer guten Stunde hatten alle ihre Liste der Lehrerin zurückgegeben.
Am nächsten Tag übergab sie allen das persönliche Blatt mit den für sie
bestimmten Schüleräusserungen. Nach kurzer Zeit lächelten alle in sich
versunken. Und sie hörte einige von ihnen Sätze flüstern wie: Das kann ich
kaum glauben. Ich wusste gar nicht, dass ich den andern soviel bedeute.
Nach diesem Tag aber vernahm die Lehrerin nie mehr etwas darüber.
Jahre waren vergangen, als sie die Nachricht erhielt, dass Marc, ein Schüler
dieser Klasse, tödlich verunfallt war. Bei der Beerdigung wollten seine
Eltern ihr unbedingt etwas zeigen. Sie zogen aus seiner Geldbörse, die er
immer auf sich getragen hatte, ein Blatt, das offensichtlich wegen starker
Abnutzung mehrfach zusammen-geklebt war. Marc habe viel von ihr gesprochen.
Einmal habe er ihnen auch dieses Blatt gezeigt. Das habe ihm viel für sein
Leben gegeben und ihn immer begleitet. Und dafür wollten sie sich bei ihr
bedanken.
Nach und nach gesellten sich alle ehemaligen Schülerinnen und Schüler dazu,
die an der Beerdigung teilgenommen hatten. Einige öffneten ebenfalls ihre
Geldbörse oder die Brieftasche und zeigten ihr ihre ebenso stark abgenutzte
Liste von damals. Mary hatte sie ins Tagebuch gelegt, Yolanda in ihre
Agenda, Hans ins Hochzeitsalbum geklebt. Bei Fritz lag sie in der obersten
Büro-Schublade. Alle hatten sie ihre Liste aufbewahrt!
Welche Personen würden Sie vielleicht zum Jahreswechsel auf Ihre Liste
schreiben, denen Sie Ihre persönliche Wertschätzung zeigen und von denen Sie
umgekehrt deren Wertschätzung hören möchten? Vielleicht die ganze Familie?
Den Freundeskreis? Das Arbeitsteam?
Das Team der Bahnhofkirche dankt Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und Treue
durch das ganze Jahr!
Und wünscht Ihnen von Herzen ein gesundes und gesegnetes Neues Jahr mit
erfüllender Anerkennung und Wertschätzung!
© Bahnhofkirche
Hauptbahnhof Zürich
www.bahnhofkirche.ch
Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Hans-Ruedi Rüfenacht
Evangelisch-reformierte und Römisch-katholische Kirche