Weg-Wort vom 5. November 2009
Schlüsselerlebnisse
Ziemlich spät am Abend rief vor ein paar Tagen mein Nachbar an. Er war mit
dem Auto unterwegs, als ihm einfiel, dass er den Hausschlüssel offenbar im
Türschloss hatte stecken lassen. Besorgt bat er mich, doch nachzusehen, ob
dem so sei, allenfalls den Schlüssel abzuziehen und ihm durch einen Rückruf
auf sein Handy Gewissheit zu verschaffen. Da die Tageszeitung erst kurz
zuvor von einer massiven Häufung von Einbrüchen berichtet hatte, verstand
ich die Sorge meines
Nachbarn.
Das löste in mir die Erinnerung an ein eigenes Erlebnis aus. Ich wohnte
damals im Pfarrhaus. Einmal, als ich von meinen Einkäufen im Dorf zurück
kam, sah ich schon von Weitem zwei mir fremde Personen vor der Pfarrhaustüre
stehen, was mich etwas misstrauisch machte. Die Beiden aber empfingen mich
mit folgenden Worten:
Guten Tag! Wir warten wohl schon zehn Minuten hier. Aber wir dachten uns,
wenn der Schlüssel von aussen steckt, ist sicher jemand in der Nähe oder
zumindest nicht lange weg.
Diese zwei kleinen Begebenheiten lösten etwas in mir aus, sind sie doch für
mich ein Schlüsselerlebnis der besonderen Art für mein eigenes Leben:
Wir können und müssen nicht immer auf Empfang eingestellt sein. Schliesslich
haben wir Anrecht auf eine Privatsphäre. Die Frage ist aber, ob wir es
zulassen, dass unsere Herzenstür sich öffnet für Menschen, die auf uns
warten. Oder vergewissern wir uns vielmehr, dass wir auch tatsächlich
abgeschlossen, das heisst dicht gemacht haben für unerwartete Besucher?
Voller Angst darauf bedacht, unser Leben so zu sichern, dass wir im vollen
Wortsinn unempfänglich werden für Andere? Das würde dann bedeuten, dass
wir mit unserem Abschliessen andere, aber auch uns selbst aussperren würden.
Die Teilnahme, aber auch die Teilgabe an Freud und Leid, das Tor zum Leben,
bliebe uns verschlossen. Jesus sagt. Ich stehe vor der Tür und klopfe an.
(Offb 3,20)
Wir haben den Schlüssel, um zu öffnen.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Susanne Wey, Iris Daus
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