Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
Weg-Wort vom 7. November 2019
Samen
Samen faszinieren mich. Jedes dieser winzigen Gebilde enthält alle nöti-gen
Informationen für die spätere Pflanze: In einem Fenchelsamen steckt in
gewissem Sinn schon die ganze Staude, in der Eichel der mächtige Baum, in
der Spore das fein gefächerte Farn.
Der Same besitzt erstaunliche Lebensenergie. Sind die Bedingungen günstig,
dann beginnt er zu wachsen, zunächst ganz zart und dann immer stärker. Die
Keimfähigkeit überlebt manchmal Jahrtausende, wie die Wei-zenkörner in einem
Pharaonengrab. Der Same wartet, bis seine Zeit kommt.
Wir Menschen entstehen aus einer Eizelle der Mutter und einer Samenzel-le
des Vaters, doch bei unserer Geburt waren wir längst noch nicht fertig. Die
Möglichkeiten dessen, was aus einem Kind einmal wird, sind uner-schöpflich.
Vieles kann auf dem Lebensweg zum Samen werden: ein Gedicht, ein Kunstwerk,
ein Wort aus der Schrift. Auch Begegnungen mit Menschen gehören dazu: Mich
inspirierte vor 34 Jahren das zufällige Gespräch mit einer Ordensfrau,
Theologie zu studieren. Eine Sehnsucht, eine plötzliche Intuition können
mich begeistern für Neues, das in mir aufkeimen und le-bendig werden will.
Mein Leben lang bleibe ich in Entwicklung. Manche Samen fallen mir zu wie
ein Geschenk. Einige keimen auf, wenn ich mich Herausforderungen stelle,
andere wachsen durch Geduld und Ausdauer. Wenn ich mich mei-ner
Lebenssituation aufmerksam zuwende, dann bemerke ich die kleinen Körnchen,
die weiter führen. Ich wünsche Ihnen Neugier und Freude beim Entdecken und
Pflegen der Samen Ihrer ganz persönlichen, einzigartigen Lebendigkeit.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
© Ökumenische Bahnhofkirche im Hauptbahnhof Zürich
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