Weg-Wort vom 25. Oktober 2010
Mehrwert
Wenn ein kleines Dorf verkehrstechnisch neu erschlossen wird, steigert das
den Wert jedes Grundstücks. Man spricht dann vom sogenannten Mehrwert.
Vom menschlichen Mehrwert handeln die folgenden Erfahrungen:
Das Einstellungsgespräch mit dem Personalverantwortlichen motivierte und
beflügelte jeweils die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Voller
Freude, Visionen und Engagement traten sie ihre neue Stelle an. Von da an
aber sprach niemand mehr mit ihnen weder über ihre Erfahrungen, ihre Ideen
noch über ihr Wohlergehen. Sie blieben sich selbst überlassen, ohne
Anerkennung und Würdigung ihrer Arbeit. Bei den meisten machten sich bald
Enttäuschung und Resignation breit bis hin zur Lähmung und inneren
Kündigung.
Ganz anders eine zweite Erfahrung: Die Personalverantwortliche erkundigte
sich bei den Neuen immer wieder nach ihrem ganzheitlichen Befinden. Diese
fühlten sich dabei vor allem und zuerst in ihrem Menschsein gewürdigt. Sie
erfuhren eine Wertschätzung ihrer Person, so wie sie waren, unabhängig von
ihrer Arbeit. Die Personalverantwortliche anerkannte aber auch persönlich
ihre Leistungen, würdigte ihre Ideen und brachte ihre Anregungen so weit wie
möglich in die Betriebskultur ein.
Wir haben alle schon erfahren, wie gut und wohl es uns tut, wenn wir uns in
unserem Menschsein und unserem Tun gesehen und anerkannt fühlen. Wie wir
dabei innerlich erstarken und wachsen können. Wie das unseren Selbstwert
mehrt und unserer Seele Flügel verleihen kann.
Die Welt wird erst sichtbar, wo sie besungen, wo sie gelobt wird, sagt
eine alte jüdische Lebensweisheit. Denn wenn jemand in seinem Menschsein
anerkannt wird, entsteht aus Wertschätzung zugleich Wertschöpfung eine Art
menschlicher Mehrwert. Die konkret geäusserte Wertschätzung sieht nicht
nur die Würde im anderen, sondern macht sie erfahrbar, sichtbar und
wirkmächtig. In jeder persönlich gemeinten Anerkennung aber wird zugleich
auch ein Stück des göttlichen Ja zu jedem von uns konkret erfahrbar.
Wir wünschen Ihnen einen guten und gesegneten Tag!
Die Seelsorgenden der Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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