Weg-Wort vom 4. Mai 2011
Wissen Sie Ihr Passwort noch?
Komplizierte Passwörter lassen sich nur schwer merken. Deshalb gibt es
spezielle Programme, mit denen sich Passwörter in einem gesicherten
Container speichern und verwalten lassen. Leider habe ich keinen solchen
Container und kann mein Passwort deshalb auch nicht verwalten. Das hat mir
schon manche schlaflose Stunde beschert, weil ich versuchte, mich an dieses
verflixte Passwort zu erinnern.
In seinen Aufzeichnungen Berichte über mein Leben erzählt der Theologe und
Philosoph Romano Guardini von einem seltsamen Traum:
Es wurde gesagt, wenn der Mensch geboren wird, wird ihm ein Wort
mit-gegeben; nicht nur eine Veranlagung, sondern ein Wort. Das wird
hinein-gesprochen in sein Wesen und es ist wie das Passwort zu allem, was
dann geschieht.
Es ist Kraft und Schwäche zugleich. Es ist Auftrag und Verheissung. Es ist
Schutz und Gefährdung. Alles, was dann im Gang der Jahre geschieht, ist
Auswirkung dieses Wortes. Und es kommt alles darauf an, dass der, dem es
zugesprochen wird jeder Mensch, denn jedem wird eins zugesprochen -,
es versteht und mit ihm ins Einvernehmen kommt.
Nun war Guardini zwar ein Passbild geläufig. Aber was, fragte er sich, soll
ein Passwort sein, das einem durchs ganze Leben begleitet? Als er 1968
starb, kannte man so etwas ja noch nicht.
Während ein Passfoto nur den äusseren Eindruck vom Inhaber des Passes
wiedergibt, führt das Passwort in das Innere eines Menschen. Es geht um
seine Identität, um das, was sein Wesen ausmacht.
Jemand hat mal zu mir gesagt: Ich bin nicht gefragt worden, ob ich auf die
Welt kommen will. Stimmt, ich auch nicht, wir alle nicht. Aber wir sind
auch keine Zufallsprodukte. Gott hat uns ins Dasein gerufen. Mein Passwort
passt zu mir, es ist mir quasi auf den Leib geschneidert. Die Grundlinie
meines Lebens ist vorgegeben. Daran kann ich anknüpfen. Ich sollte aber den
Code speichern, den nur ich entschlüsseln kann. Denn er enthält meine ID.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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