Weg-Wort vom 22. September 2009
In dir steckt mehr, als du ahnst!
Sie kennen vielleicht schon die Geschichte von dem jungen Adler, den ein
Mann gefangen und in seinen Hühnerstall gesteckt hat. Er gab ihm
Hühnerfutter zu fressen und erzog ihn zu einem Huhn, obwohl er doch ein
Adler war, der König der Vögel.
Als ihn ein vogelkundiger Mann entdeckte, hob er ihn in die Höhe und sagte
beschwörend: Du bist ein Adler, du gehörst dem Himmel und nicht dieser
Erde: Breite deine Schwingen aus und fliege! Der Adler auf der hoch
gestreckten Faust blickte um sich. Hinter sich sah er die Hühner nach ihren
Körnern picken, und er sprang zu ihnen hinunter und pickte mit.
Erst als er den Adler auf einen hohen Berg mitnahm und der Sonne entgegen
steckte, breitete er seine gewaltigen Schwingen aus, erhob sich mit dem
Schrei eines Adlers in die Luft und kehrte nie wieder zurück.
Gleichen wir Menschen nicht manchmal dem Adler in unserer Geschichte? Uns
scheint das Leben im Hühnerstall sicherer, geordneter und bequemer zu sein
als die Freiheit des weiten Himmels. Wir sind zufrieden mit den
hingeworfenen Körnern. Wir stellen keine Fragen, auf die wir keine Antwort
wissen. Wir haben uns daran gewöhnt oder sind dazu erzogen worden, wie ein
Huhn zu denken, zu fühlen, zu handeln - obwohl wir doch Adler sind.
Die Geschichte vom Adler will uns die Würde unseres Lebens bewusst machen.
Sie sagt uns: Mensch, finde dich nicht damit ab, wie ein Huhn hinter dem
Maschendraht zu leben! In dir steckt mehr, als du ahnst. Begnüge dich nicht
damit, das Leben aus der Hühnerperspektive zu sehen! Es geht im Leben um
mehr als nur darum, im Staub zu scharren, Körner zu picken und Eier zu
legen. Das kann doch nicht alles sein! Du gehörst nicht dieser Erde, nicht
nur deinen familiären und beruflichen Verpflichtungen, nicht dem Staat,
nicht der Gesellschaft, auch nicht der Kirche. Du gehörst dem Himmel! Du
bist nach dem Bild Gottes geschaffen! Sein Bild ist in dir verborgen, und es
soll in deinem Leben zum Leuchten kommen!
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Susanne Wey, Beat Schlauri
info(a)bahnhofkirche.ch
www.bahnhofkirche.ch