Weg-Wort vom 11. Juli 2008
Lachen und neues Leben
Die jüdisch-christliche Theologie hat viel darüber nachgedacht, wie Gott die
Welt aus dem Nichts erschaffen hat. Es gibt einen wundervollen Mythos, der
davon erzählt, dass ein Urgott die Welt durch ein siebenmaliges Lachen
erschaffen hat. Beim ersten Lachen Gottes erscheint alldurchleuchtender
Lichtglanz, beim zweiten allerfüllendes Wasser, beim dritten der denkende
Geist, beim vierten die Kraft der Zeugung, beim fünften das Recht, beim
sechsten die Zeit und beim siebten die Psyche. Zu ihr sprach der Urgott:
alles sollst du bewegen und alles erfreuen. Da bewegte sich alles und wurde
mit Lebenshauch erfüllt.
Welch poetische Vorstellung: Die Schöpfung aus dem Lachen Gottes! Aus
Fröhlichkeit und Glücksgefühl entsteht die Welt. Das Lachen lässt Leben
entstehen. In der Verbindung von Lachen und Leben verbirgt sich offenbar ein
tiefes Glücksgefühl des Menschen.
Eine der wenigen Stellen der Bibel, in der vom Lachen die Rede ist, steht in
Beziehung zu neuem Leben. Es ist das Lachen der Sara und des Abraham.
Abraham war bereits ein hochbetagter Greis, als ihm Gott verspricht, er
werde mit Sara noch einen Sohn bekommen, und werde Stammvater vieler Könige
und Völker. Da fiel Abraham auf sein Gesicht und lachte, und sprach in
seinem Herzen: Soll mir mit hundert Jahren ein Kind geboren werden, und soll
Sara, neunzig Jahre alt, gebären? Und von Sara heisst es: Sara lachte
still in sich hinein und dachte: Ich bin doch schon alt und verbraucht und
soll noch das Glück der Liebe erfahren? (1 Mos 17,17; 18,12)
Abraham und Sara lachen. Sie lachen einem Gott ins Gesicht, für den nichts
unmöglich ist. Ihr Lachen verweist auf das unerklärliche Wunder von Gottes
schöpferischer Macht. Er kann Leben entstehen lassen, wo es nach
menschlichem Ermessen nicht entstehen kann.
Können wir uns hinein nehmen lassen in die Glaubenserfahrung und
Glaubenshoffnung von Abraham und Sara, dass für Gott nichts unmöglich ist?
Dann bleibt ihr entspannendes und freudvolles Lachen in der Welt. Dann
vermögen auch wir Gott ins Gesicht zu lachen.
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Hauptbahnhof Zürich
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Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
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