Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
Weg-Wort vom 11. August 2015
Glauben
"Glauben heisst nicht wissen", behauptet der Volksmund. Die Redewendung bestimmt
weithin das Bewusstsein und Reden vom Glauben. Der Bereich des Wissens, das sind die
Dinge, über die wir uns in irgendeiner Weise Gewissheit verschaffen können: Wir können sie
sehen, erkennen, nachprüfen, beweisen. Dem Glauben hingegen geht das alles ab. "Das
glaubst du ja bloss", wird manchmal gesagt, und gemeint ist: "Du weisst es also
nicht."
Der Glaube scheint genau da anzufangen, wo das Wissen aufhört: Er erscheint als dessen
Gegensatz. Und so verbindet sich mit der Redensart auch eine Wertung: Ohne Wissen etwas
"nur" zu glauben ist eine höchst unsichere, zweifelhafte Sache. Darin hat der
Volksmund Recht. Glauben ohne Wissen ist eine haltlose Sache, die uns keine Orientierung
geben kann. Die Frage ist aber, ob die Redensart in dem, was sie über den Glauben sagt,
Recht hat. Genau das muss aber bezweifelt werden. Zumindest wenn wir im religiösen Sinne
vom "Glauben" reden, ist dabei immer eine bestimmte Überzeugung und Gewissheit
gemeint und eingeschlossen. Glauben meint hier vor allem: eine bestimmte Beziehung zu
seinem Gegenstand haben.
Die Bibel "sieht" den Glauben folgendermassen: "Es ist aber der Glaube eine
feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht
sieht" (Hebr 11,1 nach Luther). Geht man von diesem Satz aus, dann zeigt sich uns ein
ganz eigenes Bild dessen, was glauben heisst. Nicht eine unsichere, zweifelhafte Haltung
ist da gemeint, in der der Mensch nichts Genaues wissen kann. Das Gegenteil trifft zu: Der
Glaube ist eine feste Zuversicht, gelassene Hoffnung, Gewissheit über das, was man nicht
beweisen ("nicht sehen") kann. Der Glaube ist all das, weil er eine ganz
bestimmte Haltung des Menschen ist: die Haltung des Vertrauens. Im Glauben vertraut sich
der Mensch seinem Gegenüber "Gott" an. Und er tut das in einer Weise, die sein
ganzes Leben einschliesst und dadurch von diesem Anderen bestimmt und getragen sein lässt.
Vor diesem Hintergrund können wir formulieren: Der Glaube ist dasjenige Vertrauen des
Menschen, das seine gesamte Lebensführung bestimmt.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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