Weg-Wort vom 20. Januar 2009
Positiv und Negativ
Magdalena ist eine reife Frau. In der Lebensmitte wollte sie sich beruflich
verändern. Doch ihr Vorhaben blieb erfolglos. Auf dem regulären Arbeitsmarkt
war ihre bisherige Erfahrung unverkäuflich. Dort sei sie nicht gewollt, ein
Niemand. In ihrem angestammten Gewerbe hat sie sich über die Jahre einen
Namen gemacht. Da sei sie geschätzt und geachtet. Wozu also sich weiter
bemühen?
Aus Distanz meint man vorerst eine Veränderung sei für sie dringlich. Ihr
Lebensentwurf entspricht nicht der Norm. Aber wäre ein Berufswechsel für die
Frau wirklich eine positiver Schritt?
Eine mögliche Antwort darauf findet man vielleicht, wenn man ein Leben als
Ganzes betrachtet. Fragen wir nach dem, was für uns wichtig ist? Schauen wir
voraus auf unseren letzten Tag! Dann zählen die guten Erfahrungen, die wir
gemacht haben.
Darum meint man oft es sei hilfreich, negative Erfahrungen zu beschönigen
und man könne sie so ins Positive biegen. Denn es ist schmerzhaft, wenn wir
Grund haben zu klagen, zu trauern oder etwas zu bereuen. So versucht man,
das Negative möglichst rasch zu verkraften, indem man ihm den Anschein gibt
auch einen positiven Aspekt zu haben. Aber indem wir das tun, verweigern wir
uns einer Erfahrung, die Gott uns im Leben zumutet. Damit wenden wir uns von
ihm ab.
Verdrängen wir so negative Erfahrungen, schieben sich diese zwischen uns und
Gott. Sie werfen ständig einen Schatten auf unser Dasein und verwirren
unsere Gefühle. Darum ist die Aussicht gering, Negatives durch Beschönigung
zu bewältigen.
Wer es aber wagt das Negative als solches zu benennen, schafft für sich
Klarheit. Sobald man mit sich ehrlich ist, kann das Negative nicht weiter
von Gott trennen. Dann haben wir auch die Chance, es als etwas zu erkennen,
das eigentlich gar nicht zu uns gehört. Denn in der Beziehung zu Gott hat
das Negative keinen Platz mehr. Zurück bleibt nur das Gute, weil es selber
Teil des Göttlichen ist.
Das Gute in unserem Leben finden wir, wenn wir das tun, was uns entspricht.
Dann leben wir das uns bestimmte Leben.
Der Schöpfer hat jedem von uns einen Platz zugewiesen und Talente
anvertraut. Vor Gott zählt, was wir daraus machen zum Wohl der Menschen, die
mit uns leben. So besehen, kann Magdalena gut bestehen als Kind Gottes, das
seinen Platz gefunden hat.
© Bahnhofkirche
Hauptbahnhof Zürich
www.bahnhofkirche.ch
Seelsorger: Roman Angst, Toni Zimmermann
In Teilzeit: Sr. Anna Affolter, Sr. Zoe Maria Isenring, Susanne Wey
Evangelisch-reformierte und Römisch-katholische Kirche