Weg-Wort vom 8. Oktober 2010
Bescheidenheit
Im Fernsehen gibt es so Vieles an Sinn und Unsinn anzuschauen, von
Wissenswertem, Unterhaltsamem, Quizzigem bis zu exhibitionistischem Schrott.
1 gegen 100 schau ich noch gern, es ist fast wie ein elektronisches
Kreuzworträtsel. Nun, da schaffte es einer mit Glück und Wissen alle 100 zu
schlagen und stand nun vor der letzten Entscheidung: Will ich die richtige
Antwort wissen und wenn ich recht habe, 25000 Franken zusätzlich gewinnen
oder den Verlust von allem riskieren, wenn meine Antwort so falsch ist, wie
die der andern. Spannend ist dabei zu sehen, wie zwei Seelen miteinander zu
kämpfen beginnen die Lust auf noch mehr und so eine Art Vernunft, die
sagt, du hast, was du hast.
Die Gefühle gehen hin und her: Es ist ja nur ein Spiel, sagt das eine, das
andere meint, wozu ein Betrag, für den einer in der Regel mindestens zwei
bis drei Monate arbeiten müsste, nützlich sein könnte.
Es ist ein Spiel aber nicht nur. Es ist auch Kampf mit sich selbst. Wie
gehe ich um mit dem, was ich habe. Hilft es mir mein Leben gestalten oder
löst es eine fast unstillbare Lust auf noch mehr aus. Davor ist keiner
gefeit.
Der Mann im Quiz meinte: Ich bleibe bescheiden und gehe mit dem, was ich
gewonnen habe. Er hat dem unsicheren Nochmehr widerstanden, was in der
Fernsehshow-Atmosphäre sicher nicht leicht zu bewerkstelligen ist. Ich
bleibe bescheiden. Ein guter Satz, ein gutes Tun. Es lohnt, daran zu
arbeiten, dass dieser Satz im eigenen Leben Platz findet, sich ausbreiten
kann. Er ist keinesfalls denen zu sagen, die eh nichts haben. Es gilt denen,
die viel haben und noch mehr wollen, die nicht bereit sind auf das viele zu
verzichten. Mahatma Ghandi soll einmal nach einem Spaziergang entlang der
Bahnhofstrasse gesagt haben: Es ist erstaunlich, wie wenig ich von dem, was
ich gesehen habe, brauche.
Es ist eine Kunst für Besitzende sich von der Macht des Geldes zu befreien,
wenn sie bescheiden werden. Aber nur ganz ganz wenige beherrschen diese
Kunst, haben diese Art von Vermögen.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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