Bibelpastorale Arbeitsstelle
Schweizerisches Katholisches Bibelwerk
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8002 Zürich
Tel. 044 205 99 60
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www.bibelwerk.ch
Newsletter 8 / November 2006
Liebe Leserin, lieber Leser ,
gerade noch am letzten Tag des Novembers erscheint der Newsletter dieses Monats. Wir
bitten um Verständnis. Es war sehr viel los, vor allem die Fertigstellung unseres Kurses
"Glaubenssache". Schauen Sie doch mal rein unter
www.glaubenssache.ch. Aber auch
der Start unserer neuen Reihe von Kommentaren zu den alttestamentlichen Sonntagslesungen
in der Schweizerischen Kirchenzeitung. Die ersten Texte finden Sie auf unserer Homepage.
Zum Glück steht jetzt der Advent vor der Tür und damit kommen etwas ruhigere Zeiten auf
uns zu. Hoffentlich auch auf Sie. Vielleicht finden Sie ja Zeit zum regelmässigen
Bibellesen? Dazu gibt es hier ein Angebot. Zum Glück gibt's übrigens auch unseren
Buchtipp "Buch des Monats".
Mit herzlichen Grüssen - das BPA-Team
Aktuelle Veranstaltungen
Bibellesen am Freitagabend
Thema: Hiob. Ringen mit Gott
im "Centrum 66", Hirschengraben 66, 8001 Zürich
Leitung: Hans Schwegler, lic. theol.
24.11./1.12.06/12.1./19.1./26.1.07
Jeweils 18.30-19.45 Uhr
Es können auch Einzelabende besucht werden.
Auskunft: Hans Schwegler, Wallisellerstrasse 20, 8152 Glattbrugg, Tel. 044/8102427
Buch des Monats
Luzia Sutter Rehmann / Ursula Rapp / Ulrike Metternich (Hrsg.), Zum Leuchten bringen.
Biblische Texte vom Glück, (Gütersloher Verlagshaus) Gütersloh 2006, Kt., 208 S., EUR
19,95 [D] / EUR 20,50 [A] / SFr 36,10 ISBN 3-579-05405-8
Was sagt die Bibel über das Glück? Dieser Frage sind die drei Herausgeberinnen zusammen
mit der lateinamerikanischen Theologin Nancy Cardoso Pereira und der Altmeisterin
sozialgeschichtlicher Exegese Luise Schottroff nachgegangen. Herausgekommen ist dabei eine
Entdeckungsreise in christliche Traditionen und biblische Texte, die durchaus auch für
Glückssucher, die theologisch nicht vorgebildet sind, lesbar und interessant ist.
Bereits die Einführung ins Buch durch die Herausgeberinnen macht darauf aufmerksam, dass
"Glück" eigentlich theologisch immer verdächtig war. Entweder es wurde in die
Nähe der Selbsterlösung gerückt oder - wie zum Beispiel beim Buch Kohelet - mit dem
Verdacht hedonistischen Strebens behaftet. Demgegenüber bekamen Christinnen und Christen
dann Sätze zu hören wie: "Wir sollten nicht nach unserem Glück streben, sondern
unsere christliche Pflicht erfüllen, Verantwortung übernehmen, uns zurücknehmen zum Wohle
aller und den Willen Gottes annehmen und sogar tun." (6f)
Aber: "Was ist denn Glück?" Wieder einmal gilt es "genau
hinzuschauen".
Hat man sich erst einmal auf das Buch eingelassen, dann merkt man sehr schnell, in wie
vielen theologischen Bereichen das Thema "Glück" eine Rolle spielt: in der
Vertröstung auf das Jenseits, wo es dann zur "Seligkeit" wird, aber auch in
esoterischen Entwürfen positiven Denkens, die ein Art "Glücklichsein light"
anbieten nach dem Motto: Don't worry, be happy. Und: Ist denn wirklich alles schon
"Glück", was mir "zufällt"?
Fragen über Fragen: Wie kommt das Glück zu uns und wir zu ihm? Warum erreicht es uns
manchmal und manchmal nicht? Welche Kraft steckt in Erfahrungen mit dem Glück?
Die Autorinnen dieses Buches fragen nach dieser Kraft und gehen der Herkunft, der
theologischen Tiefendimension und der Präsenz des Glücks in der Bibel nach. Diese Suche
führt sie zu Bildern und Geschichten, die die eigenen Glückserfahrungen und -sehnsüchte
wecken und stärken:
Ursula Rapp untersucht die Seligpreisungen der Bibel als "Glückssprache" und
macht vor allem aufmerksam auf deren Provokation: Es werden nicht diejenigen
seliggepriesen, die nach unseren heutigen Massstäben vielleicht auf der Sonnenseite des
Lebens sich befinden, sondern gerade die Ausgegrenzten und Ohnmächtigen bzw. diejenigen,
welche sich diesen zuwenden. Dazu gehört Mut, dadurch etwas anderes in die Welt zu rufen,
als das Normale und (sonst) Gültige.
Ulrike Metternich untersucht das theologische und literarische Schaffen von Dorothee
Sölle, die einmal - vielleicht für manche etwas überraschend - das Glück als ihr
"Grundgefühl" bezeichnet hat. Die Jagd nach dem Glück hingegen hat sie als etwas
Krankhaftes empfunden (44). Die Autorin kann zeigen, dass dies bei Sölle die Glückssuche
nicht ausschliesst, sondern im Gegenteil dazugehört als Treffpunkt von "Mystik und
Widerstand" (56).
Ein drittes Beispiel: Ich gebe gerne zu, dass der so unverdächtig überschriebene Beitrag
"Glück. Schwere und Gnade in der lateinamerikanischen Theologie" von Nancy
Cardoso Pereira auf mich als Mann etwas verstörend gewirkt hat. Wann habe ich mich schon
einmal mit der "Erotisierung der Theologie" oder der "orgastischen Lektüre
der Bibel" beschäftigt? Auch wenn ich weiss, dass in den biblischen Sprichwörtern die
Symbolik des Weiblichen aus typisch männlicher Perspektive oft und gerne moralisierend
aufgespalten wird, so ist es doch noch einmal etwas anderes, die "Umkehrungen"
in der Re-Lektüre der lateinamerikanischen Theologin zu lesen. Aber gerade im Nachdenken
über das "Glück" wäre diese Frauenperspektive heilsam! Ich habe - nicht nur
durch diesen Beitrag - gelernt, dass Glück ganz und gar nichts Harmloses ist - genau so
wenig wie der Gott, der dahintersteht.
Es ist hier leider nicht der Raum, alle Beiträge gebührend zu würdigen. Trotzdem sei noch
auf die immer wieder eingestreuten Gedichte von Luzia Sutter Rehmann, Dorothee Sölle,
Hilde Domin und Rose Ausländer hingewiesen, die nicht einfach nur das in den Beiträgen
bereits Gesagte "illustrieren", sondern in ihrem poetischen Zugang noch einmal
ganz neue Dimensionen zum Thema beitragen.
Wer sich zusammen mit den Autorinnen auf die Glückssuche machen möchte, hat in diesem
Büchlein die ideale Begleiterin gefunden.
Dieter Bauer
Zitat der Woche
Unglaublich, wie gross das Meer ist. Die ersten Menschen gingen nicht allein an den
Strand, sondern sie fragten andere, ob sie auch mitkämen. Dann fassten sie sich an den
Händen und gingen zusammen zum Meeresufer. Zu zehnt müssen wir mindestens sein, sagten
sie, damit wir das Meer sehen können, einer allein schafft es nicht.
Franz Hohler, Der Strand, in Jürg Schubiger Franz Hohler, Aller Anfang. Bilder von Jutta
Bauer, Beltz und Gelberg 2006, S. 72.