Liebe Filmfreundinnen und Filmfreunde
In Cannes haben sich auch dieses Jahr die Stars die Klinke in die Hand
gegeben, haben das Kino und sich selbst hochleben lassen. Dafür haben
viele weite Reisen in Kauf genommen - schliesslich leben solche Anlässe
von der Präsenz, dem zwischenmenschlichen Austausch. Dem ökologischen
Fussabdruck hingegen sind solche Events weniger zuträglich. Und auch
wenn wir alle wissen, dass wir im Allltag viel dazu beitragen könnten,
dem Klima Sorge zu tragen, so stolpern wir alle immer wieder über unsere
Bequemlichkeit und unsere Vorlieben. «Utama» von Alejandro Loayza Grisi,
unser Film des Monats, zeigt auf ganz subtile Art, welche Folgen der
Klimawandel bereits jetzt für bestimmte Lebensweisen bedeutet. Wenn das,
was Heimat war, plötzlich nicht mehr bewohnbar ist - was macht das mit
uns? «Utama» ist eine filmische Reflexion über das, was uns ausmacht,
eingefangen in beinahe übernatürlich schönen Bildern.
Wir wünschen Ihnen ein bewegendes - in vielerlei Hinsicht -
Filmerlebnis!
Eva Meienberg und Natalie Fritz
FILM DES MONATS JUNI
Juni 2022
UTAMA
ZWEI ALTE QUECHUA IM BOLIVIANISCHEN HOCHLAND LASSEN SICH AUCH VOM
KLIMAWANDEL NICHT AUS IHREM HÄUSCHEN VERTREIBEN. HEIMAT IST HEIMAT –
AUCH WENN SIE BEDROHT IST! EINE BERÜHRENDE GESCHICHTE MIT UNIVERSALEM
CHARAKTER.
«Wenn der Kondor merkt, dass er nicht mehr nützlich ist und schwach,
fliegt er auf den höchsten Berg. Dort zieht er die Flügel ein und lässt
sich fallen», erklärt Grossvater Virginio seinem Enkel aus der Stadt.
«Hat er keine Angst?» - «Hat er bestimmt», seufzt der Grossvater und
blickt in die Weite des Altiplano. Noch ahnt Enkel Clever nicht, dass
der Kondor aus der Erzählung sinnbildlich für seinen Grossvater steht.
Dieser ist schwer krank, versucht aber seine zunehmende Schwäche zu
verheimlichen. Es hat im bolivianischen Hochland keinen Platz für
Weicheier, so der Grossvater.
Virginio und seine Frau Sisa sind Quechua. Sie leben ausserhalb des
Dorfes in einem Lehmhaus, mitten im kargen Altiplano. Der Tradition
verpflichtet, halten die beiden Lamas und betreiben Ackerbau. Aber seit
über einem Jahr bleibt der Regen aus und das Wasserholen wird für die
alte Frau immer beschwerlicher. Auch die Lamas finden kaum mehr Nahrung.
Doch Virginio will partout nicht in die Stadt ziehen. Das Haus und das
Hochland sind seine Heimat («Utama»), hier lebt er, hier will er
sterben.
Alejandro Loayza Grisi erzählt seine Geschichte über die Bedrohung
traditioneller Lebensweisen, Klimakrise und Entwurzelung in
überwältigenden Bildern. Die Kamera transzendiert die
selbstverständliche Naturverbundenheit der Quechua regelrecht. Als
Zuschauer*in ist man betroffen: unser Lebensstil ist dafür
verantwortlich, dass Menschen, wie die beiden Alten, ihren Lebensraum
verlieren. Gut, dass uns dies unter die Nase oder die Augen gerieben
wird!
Natalie Fritz, Religionswissenschaftlerin und Redaktorin Medientipp
«Utama», Bolivien 2021; Regie: Alejandro Loayza Grisi; ProtagonistInnen:
José Calcina, Luisa Quispe, Santos Choque; Verleih: Trigon; Filmseite:
https://www.trigon-film.org/de/movies/utama
Ab 23. Juni 2022 im Kino
https://vimeo.com/702858327?embedded=true&source=vimeo_logo&owner=6…
https://www.medientipp.ch/events/utama/