Liebe Filmfreundinnen und Filmfreunde
Im heissen Sommer kurz ins kühle Nass abtauchen ist wunderbar. Im Fluss, im See oder gar
im Meer. Leicht vergisst man da, was sich tagtäglich für Dramen – beispielsweise auf dem
Mittelmeer abspielen. Die jüngsten Meldungen aus Italien und Spanien rücken nun wieder die
Fluchtroute Meer ins Gedächtnis. Unser Film des Monats September, «Styx», gemahnt nicht
nur dem Titel nach an die ambivalente Bedeutung eines Gewässers, das zugleich als
Lebensspender und Todbringer fungiert. «Styx» ist keine leichte Kost, aber ein wichtiges
filmisches Werk über das Ohnmachtsgefühl angesichts der Tragik – insbesondere deshalb,
weil der Film mit einer gewissen Dringlichkeit die durchaus unangenehme Frage stellt «Was
kann ICH tun?».
Mit besten Wünschen für einen guten Start in den Frühherbst – oder Spätsommer
Natalie Fritz, Redaktorin Medientipp
Film des Monats
September 2018
Styx
Als Kammerspiel auf hoher See konfrontiert uns «Styx» mit dem Migrations-Dilemma und zeigt
auf, dass Europa die Augen vor der prekären Situation nicht länger verschliessen darf
Rike will ins Paradies, nach Ascencion Island. Dort liess Charles Darwin einst seine
Vision vom Garten Eden anlegen. Allein auf einer Yacht macht Rike sich von Gibraltar aus
auf den Weg über den Atlantik. Sie braucht eine Pause vom Arbeitsalltag als Notärztin.
Nach einem Sturm vor der Küste Nordafrikas entdeckt sie ein in Seenot geratenes
Fischerboot – hoffnungslos überfüllt. Über hundert Menschen an Bord schreien um Hilfe,
springen panisch ins Wasser, um Rikes Schiff zu erreichen. Sie verständigt die Küstenwache
und macht Notizen in ihrem Logbuch, ganz die disziplinierte Kapitänin und professionelle
Rettungsärztin. Als Rike aufgeht, dass jede Hilfe zu spät kommen wird, wird sie mit einem
alptraumhaften Dilemma konfrontiert: Ihr Schiff ist zu klein, um die Ertrinkenden zu
retten. Was kann sie, ganz auf sich allein gestellt, ausrichten?
In der griechischen Mythologie markiert der Fluss Styx die Grenze zwischen der Welt der
Lebenden und dem Totenreich. Homer beschreibt ihn als «Wasser des Grauens». Mit
überzeugendem Plot und eindrücklichen Naturaufnahmen thematisiert Regisseur Wolfgang
Fischer das Grauen, das sich auf dem Meer vor der Festung Europa abspielt. Das Kammerspiel
auf See ist packend, aufwühlend und keine Minute zu lang. Und einer der wichtigsten Filme
des Jahres. Denn die Tragik von Rikes Konflikt liegt darin, dass sich doch eigentlich
keine Menschenseele in Gefahr bringen müsste, wenn es endlich sichere Fluchtwege gäbe.
Laura Lots, Redaktorin «Neue Wege»
«Styx» wurde bei der Berlinale 2018 mit dem Preis der Ökumenischen Jury ausgezeichnet.
«Styx», Deutschland/Österreich 2018, Regie: Wolfgang Fischer, Besetzung: Susanne Wolff,
Gedion Oduor Wekesa; Verleih: trigon-film,
www.trigon-film.ch
<http://www.trigon-film.org>
Kinostart: 20. September
https://www.youtube.com/watch?v=X6EHvRyJy8w
https://www.medientipp.ch/events/styx/