Weg-Wort vom 13. Mai 2011
Schlaflose Nächte
Wer kennt das nicht? Es gibt Tage, da wird man bis an seine Grenzen
gefordert, fühlt sich am Abend total abgekämpft und müde und will nur noch
eins: ins Bett fallen und schlafen. Aber es klappt nicht. An Schlaf
ist nicht zu denken. Sie wälzen sich von einer Seite auf die andere, im Kopf
dreht sich das Gedankenkarussell. Da helfen auch Entspannungsübungen und
Schäfchen zählen nicht. Wiederkehrende, quälende Gedanken
hindern Sie am Einschlafen.
Spricht uns in einer solchen Situation der Psalmist nicht aus der Seele,
wenn er klagt Mein Gott, ich rufe bei Tag, doch du gibst keine Antwort; ich
rufe bei Nacht und finde doch keine Ruhe. (Ps 22,3) Der Betende fühlt sich
sogar von Gott verlassen. Und doch wendet er sich hilfesuchend an ihn.
Ist das nicht paradox? Manchmal frage ich mich beim Lesen der Psalmen, wie
das zusammengeht, dass man Gott oft so wenig bis gar nicht spürt und
trotzdem der Kontakt mit ihm bestehen bleiben kann. Die Klage ist ein
probates Mittel dafür. Der Psalmist klagt vorwurfsvoll: Gott, du gibst mir
keine Antwort! So hält er seine Beziehung zu Gott am Leben selbst in
Zeiten, in denen Gott abwesend zu sein scheint.
An einer anderen Stelle sagt er: Hätte ich doch Flügel wie eine Taube,
dann flöge ich davon und käme zur Ruhe. (Ps 55,7) Er fühlt sich allein
gelassen, wünscht sich, er könnte einfach alles Belastende, Schwere
abschütteln, das ihn umtreibt. Gleichzeitgig aber vertraut er darauf, dass
wieder andere, bessere Tage kommen werden, Tage, an denen er intensiv spüren
wird, dass Gott an seiner Seite ist.
Gott ist kein Zauberer, der unsere Sorgen und Probleme einfach mit einem
Hokuspokus verschwinden lässt. Aber er ist JAHWE, das heisst:
Ich-bin-der-für-euch-da-ist. Manchmal müssen wir laut rufen, unsere innere
Unruhe Gott entgegenhalten, damit wir sie aushalten, bis wie sie
schliesslich mit seiner Hilfe überwinden. Gott sei Dank.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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Weg-Wort vom 12. Mai 2011
Abenteuer mit dem Einkaufswagen
Wir alle kennen die rush hour: Verstopfte Strassen, überfüllte Busse,
Trams und Züge. Aber Züge haben Geleise, Busse Spuren und der Privatverkehr
allgemeinverbindliche Verkehrsregeln. Nicht so im Einkaufszentrum mit
seinen überdimensionierten Wagen: Da ist freie Wildbahn, da herrscht
Faustrecht. Haben Sie das noch nie erlebt? Seien Sie glücklich! Alle
andern kennen die mit aufgestützten Armen ihr Gefährt in die Achillesversen
der andern lenken.
Ein Vater mit Tochter im Schulalter: Kein geübter Einkäufer, er tut sich
schwer mit dem Gefährt, wahrscheinlich erfolgreich im Beruf, so fantasiere
ich, aber hier: Er hat es nicht im Griff, und ich sehe, wie er ohne zu
bremsen jemanden heftig erwischt: Rücken und Achillesverse sind dran. Es
muss recht weh tun.
Der Aufschrei kümmert ihn nicht. Erst als er gefragt wird, ob er eine gute
Haftpflichtversicherung habe, realisiert er, was er gemacht hat und reagiert
unwirsch. Seine Tochter verfolgt das Gespräch mit offenen Augen und noch
offeneren Ohren. Er wird wütend und die gerammte Person auch. Ein kurzes
Wortgefecht, leise genug, dass nicht der ganze Laden zusammenläuft, laut
genug, dass nicht nur die Tochter, sondern auch Umstehende etwas
mitbekommen. Eigentlich doof, aber es passiert. Der Lernerfolg auf beiden
Seiten ist gering, bestätigt aber die schon oft gemachte Erfahrung:
Eigentlich ist das Opfer schuld.
Wenn Sie diese Erfahrung noch nie gemacht haben, seien Sie doppelt
glücklich.
Aber wenn Sie auch zu denen gehören, die schon Opfer geworden sind und dann
noch von andern und sich selbst die Schuld übergestülpt bekommen haben, dann
sollen Sie wissen:
Mindestens seit Jesus von Nazareth wissen wir, dass Opfer nicht dafür
verantwortlich gemacht werden können, dass sie geplagt, verhöhnt, gemobbt,
missbraucht, gefoltert, ermordet werden. Mindestens seit Jesus von Nazareth
sollte allen Menschen klar sein, dass Täter dieser Art schuldig sind.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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Weg-Wort vom 11. Mai 2011
Unerwartete Umarmung im Hauptbahnhof
Letzter Sonntag, Muttertag, viele Blumen, viele Ausflügler, ich bin auf dem
Weg zur Arbeit in der Bahnhofkirche. Der Zug ist voll.
Im Bahnhof Stadelhofen steigen vier Ausflügler mit ihren Velos ein. Wer die
S-Bahn kennt, weiss, dass dann der Eingang blockiert ist.
Mit Verständnis und Initiative schaffen sie es die Velos zu verschieben.
Aussteigen ist wieder möglich.
Der gewohnte Gang zur Bäckerei, die Treppe hoch (Fitnessprogramm!) direkt zu
derjenigen, die ins Zwischengeschoss führt.
Ich bin einen Moment unachtsam und schon stehe ich zwischen zwei jungen
Männern, die die Rolltreppe hochgekommen sind.
Irritiert und leicht verärgert schauen sie mich an, einer seitlich hinter
mir, der andere vor mir, Bürstenschnitt und Bart,
Jeansjacke und Tatoos,
vielleicht noch eine Party in den Knochen.
Mit einem breiten Grinsen wünsche ich ihnen einen guten Tag.
Und dann die Überraschung. Das Gesicht meines Gegenübers verändert sich
blitzschnell: Aus Irritation und Verärgerung ich bin doch zu nahe gekommen
wird ein fröhliches Lachen: Er fasst mich herzlich an den Schultern und
wünscht auch mir von Herzen einen guten Tag.
Unerwartet schön: So schnell geht die Sonne auf und ein Lächeln macht den
Tag hell. Für diese kurze Begegnung bin ich dem jungen Mann dankbar, er hat
mir den Sonntag verschönert.
Ja ein Lächeln und schon kann eine neue Welt aufgehen.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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Weg-Wort vom 10. Mai 2011
Streithähne soll man nicht allein lassen
Am frühen Morgen, noch im Halbschlaf, gehe ich die Rampe hoch, die in unserm
Bahnhof zu den Bahnsteigen führt. Es ist viel zu früh für grosse
Unternehmungen, und doch passiert es: Zwei Männer, der eine kommt vom Zug,
der andere wird einsteigen, bereiten sich auf einen regelrechten Streit vor.
Noch stehen sie vier, fünf Meter auseinander und der, der gehen sollte, geht
nicht und der, der in den Zug einsteigen sollte, steigt nicht ein. Sie sind
einander zugewandt, ohne jegliches Gefühl von Zuwendung, und beginnen zu
kochen, Worte, wie Schwertschläge sind schon ausgeteilt, man sieht es, beide
steigern sich in ihrer Wut und schicken sich an, aufeinander los zugehen. Es
könnte durchaus handgreiflich werden. Es ist so früh am Morgen. Soll ich
mich einmischen in die inneren Angelegenheiten dieser Herren oder nicht. Ich
hör schon die liebevolle Anfrage meiner Tochter: Musst Du Dich immer
einmischen! Ja, eigentlich mag ich nicht und viel
zu früh ist es auch, sowohl für Streiten wie auch für Sich-Einmischen.
Die beiden sind jetzt nur noch ca drei Meter auseinander. Ich könnte mich an
ihnen vorbeischleichen, sollen sie sich die Köpfe einschlagen. Es ist immer
noch früh.
Und doch Müdigkeit hin oder her, der Mahnung meiner Tochter zum Trotz grüsse
ich nicht nur, sondern sage etwas in Richtung Ist es nicht viel zu früh zum
Streiten? Beide erstarren, erkennen schlagartig, dass sie nicht mehr
allein sind: Dass einer zuschaut und sich einmischt, bringt zur Besinnung.
Ich steige ein, hinter mir der eine Kampfhahn. Er hat sich abgewendet und
dadurch sich und dem andern mehr Zuwendung erwiesen als er sich wohl bewusst
ist. Denn, so meint er: Er sei grob beleidigt worden.
Vielleicht ist das Grund genug einen handfesten Streit vom Zaun zu brechen,
aber bitte nicht so früh. Ich bin froh, dass ich mich überwunden und
eingemischt habe. Vielleicht habe ich einen Streit verhindert, vielleicht
wäre es gar nicht dazu gekommen. Wichtig ist: Beide sind auseinandergegangen
ohne sich weitere Schimpfworte an den Kopf zu werfen. Das ist doch ein guter
Start in einen neuen Tag. Einmischen ist gar nicht so übel.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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Weg-Wort vom 9. Mai 2011
Gastfreundschaft
Das Stichwort Gastfreundschaft lässt uns nicht gerade vor Spannung
aufspringen. Aber es klingt doch gut im Ohr. Warum würde sonst damit Reklame
gemacht, etwa in Ferienprospekten? Man verspricht Gastlichkeit und hofft
damit, die Touristen zu gewinnen. In vielen Touristenzentren stehen beim
Ortseingang Tafeln Willkommen in unserer gastlichen Stadt und beim
Ortsausgang Wir danken für Ihren Besuch.
Warum hat das Wort Gastfreundschaft einen so guten Klang? Sicher nicht
deswegen, weil die Gastfreundschaft für handfeste Geschäftsinteressen
missbraucht werden kann. Wohl auch nicht, weil man mit einer grosszügigen
Einladung und einem selbstgekochten Nachtessen angeben kann. Es geht
vielmehr um den Gast selber. Ihm, dem Fremden, soll ich als Mensch begegnen.
Er darf mein Gast, mein Gesprächspartner, mein Freund sein.
Es fällt nicht immer leicht, gastfreundlich zu sein. Ich muss mir manchmal
einen gehörigen Ruck geben, um einen unerwarteten Gast freundlich
aufzunehmen, nachdem ich mich gerade für eine gemütliche halbe Stunde
hingesetzt habe oder mein Tagesprogramm bereits ausgelastet ist. Aber ich
mache immer wieder die Erfahrung, dass dann, wenn es mir gelungen ist, für
einen ungelegenen Besuch oder einen unbekannten Menschen einfach dazusein,
die aufgebrachte Zeit nicht verloren war. Dadurch, dass ich für den Gast wie
für einen Freund da gewesen bin, bin ich selber zum Beschenkten geworden.
Es gibt viele Möglichkeiten und Formen, die Gastfreundschaft zu üben. Sie
kann manchmal ganz einfach darin bestehen, dass ich einem Menschen, der mit
der Last seiner Sorgen oder mit der Überfülle seiner Eindrücke zu mir kommt,
aufmerksam und geduldig zuhöre. Je gastlicher wir sind, d.h. je offener wir
für die Anliegen unserer Mitmenschen sind, umso mehr werden wir selber
beschenkt.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi, Beat Schlauri
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Weg-Wort vom 6. Mai 2011
ICH GLAUBE AN GOTT und so weiter
Das ist der Titel des neusten Buches von Ina Praetorius über Bekennen und
Bekenntnis und so weiter In letzter Zeit so mein Gefühl wird der Ruf
nach Bekenntnissen immer stärker und lauter. Es ist wie der Ruf nach einer
neuen Identität, einer neuen Einheit, einem neuen Messias, nach der
grundlegenden und unwiderrufli-chen Wahrheit, unverrückbar und fest. Und je
länger und intensiver dieses Rufen wird, desto lästiger wird es. Es ist wie
ein Zwang, der mich gefangen nimmt und wehe, ich bekenne nicht genug oder
nicht richtig oder wie auch immer. Ich habe genug.
Und jetzt liegt auf dem Esszimmertisch dieses Buch. Meine Frau hat es
gekauft und ich beginne zu lesen: Ein Buch über das apostolische
Glaubensbekenntnis. Ich schmunzle, lese weiter wie in einem spannenden
Krimi. Ich nehme es mit auf den Weg zur Arbeit, lese im Zug. Ich bin nicht
allein im Abteil. Als ich mitten in der Lektüre, laut und fröhlich zu lachen
beginne, wird mein Gegenüber aufmerksam und ich beginne mich zu erklären.
Ich sage ihr, dass sie sich dieses Buch merken soll. Sie zückt ihr Handy und
schreibt sich den Namen der Autorin auf.
Ich frage mich: Wann habe ich bei der Diskussion um Bekennen und Bekenntnis
so laut und herzlich gelacht und dann noch öffentlich im Zug? Ich kann mich
nicht daran erinnern. Ich kann mich auch nicht daran erinnern bei einer
Diskussion um Bekennen oder Bekenntnis gelacht zu haben. Die Inhalte sind so
schwer, dass gern das Befreiende abhanden kommt. Ernsthaftigkeit, tierische
Ernsthaftigkeit ist an der Tagesordnung. Und jetzt bringt ein Buch über ein
so ernsthaftes Thema mich zum Lachen, ohne ein bisschen an Ernsthaftigkeit
zu verlieren. Wie ist das möglich?
Da schafft es jemand mich erneut neugierig zu machen, nicht Altes wieder zu
kauen, sondern neu anzuschauen und mich darauf einzulassen. Ich wünsche
Ihnen den befreienden Blick auf schon Abgehaktes in Ihrem Leben, dass es neu
werden kann.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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Weg-Wort vom 5. Mai 2011
Ich glaube an die Sonne, auch wenn sie nicht scheint
Kürzlich konnte die älteste Bewohnerin der Schweiz ihren 107. Geburtstag
feiern. In Interviews werden hochbetagte Menschen immer nach ihrem
persön-lichen Rezept für das hohe Alter gefragt. Unter den
meist genannten Antworten findet sich das tägliche Glas Rotwein ebenso wie
die viele Arbeit, aber auch ein massvolles Leben.
Nicht so bei dieser Jubilarin. Sie sagte schlicht, sie habe ihr Leben immer
als Geschenk Gottes gesehen. Er habe ihr dieses Leben gegeben. Deswegen habe
sie auch immer Sorge dazu getragen, das Geschenk Leben in Ehren gehalten,
auch wenn es durchaus manches Schwere gegeben habe.
Szenenwechsel. Ein Interview in der Zeitschrift Surprise, dem
Strassen-magazin. Ein ehemaliger Junkie, jetzt Verkäufer von Surprise,
erzählt aus seinem Leben, wie er immer tiefer in den Drogensumpf abrutschte,
wie mühsam der Ausstieg war, den er erst nach mehreren Anläufen schaffte,
wie sein Leben danach nun aussieht und was es ihm bedeutet. Er erzählt
ungeschönt und nachdenklich. Ohne den da oben hätte ich das alles nicht
geschafft, so kaputt, wie ich war, sagte er. Beim Lesen sah ich ihn
förmlich vor mir, wie er den Kopf drehte und mit erhobenem Arm in Richtung
Himmel zeigte. Er fängt mich auf, wenn mal wieder Gefahr im Anzug ist und
hilft mir wieder auf die Beine.
Die Gewissheit, die aus seinen Äusserungen zu hören war, berührte mich tief.
Er hätte ja auch sagen können: Irgendwann bin ich aufgewacht und habe
realisiert, jetzt oder nie. Ich habe meinen inneren Schweinehund überwunden.
Ich bin das beste Beispiel dafür, dass man es schaffen kann, wenn man nur
will.
Aber das sagte er nicht. Auch die alte Frau sagte nicht, wie schwer sie ein
Leben lang gekrampft hat. Nein, Beide verweisen auf einen, der unsichtbar
aber wirkmächtig als unser Lebensbegleiter mitgeht und mitträgt.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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Roman Angst, Toni Zimmermann
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Weg-Wort vom 4. Mai 2011
Wissen Sie Ihr Passwort noch?
Komplizierte Passwörter lassen sich nur schwer merken. Deshalb gibt es
spezielle Programme, mit denen sich Passwörter in einem gesicherten
Container speichern und verwalten lassen. Leider habe ich keinen solchen
Container und kann mein Passwort deshalb auch nicht verwalten. Das hat mir
schon manche schlaflose Stunde beschert, weil ich versuchte, mich an dieses
verflixte Passwort zu erinnern.
In seinen Aufzeichnungen Berichte über mein Leben erzählt der Theologe und
Philosoph Romano Guardini von einem seltsamen Traum:
Es wurde gesagt, wenn der Mensch geboren wird, wird ihm ein Wort
mit-gegeben; nicht nur eine Veranlagung, sondern ein Wort. Das wird
hinein-gesprochen in sein Wesen und es ist wie das Passwort zu allem, was
dann geschieht.
Es ist Kraft und Schwäche zugleich. Es ist Auftrag und Verheissung. Es ist
Schutz und Gefährdung. Alles, was dann im Gang der Jahre geschieht, ist
Auswirkung dieses Wortes. Und es kommt alles darauf an, dass der, dem es
zugesprochen wird jeder Mensch, denn jedem wird eins zugesprochen -,
es versteht und mit ihm ins Einvernehmen kommt.
Nun war Guardini zwar ein Passbild geläufig. Aber was, fragte er sich, soll
ein Passwort sein, das einem durchs ganze Leben begleitet? Als er 1968
starb, kannte man so etwas ja noch nicht.
Während ein Passfoto nur den äusseren Eindruck vom Inhaber des Passes
wiedergibt, führt das Passwort in das Innere eines Menschen. Es geht um
seine Identität, um das, was sein Wesen ausmacht.
Jemand hat mal zu mir gesagt: Ich bin nicht gefragt worden, ob ich auf die
Welt kommen will. Stimmt, ich auch nicht, wir alle nicht. Aber wir sind
auch keine Zufallsprodukte. Gott hat uns ins Dasein gerufen. Mein Passwort
passt zu mir, es ist mir quasi auf den Leib geschneidert. Die Grundlinie
meines Lebens ist vorgegeben. Daran kann ich anknüpfen. Ich sollte aber den
Code speichern, den nur ich entschlüsseln kann. Denn er enthält meine ID.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
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