Das Weg-Wort Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
Weg-Wort vom 1. Dezember 2017
Der erste Advent
Es ist schön, wenn ein Licht die Dunkelheit erhellt. Es macht sie nicht weg,
es hilft uns nur unsern Weg zu finden. Es reicht, um die Dunkelheit zu
durchbrechen, die innere wie die äussere. Zwei Lichter helfen da schon mehr.
Wie wunderbar ist es dann, wenn es drei, vier, fünf und immer mehr Lichter
werden und so ein Lichtermeer entsteht. Und jedes Licht hält ein Mensch in
Händen. Ganz nah geben wir einander hell. Menschen verlassen dafür die warme
Stube, kommen zusammen, um gemeinsam der Kälte und der Dunkelheit zu
trotzen. Man muss dabei sein und bleiben.
So ist es auch mit den Kerzen am Adventskranz. Von Hand wird die erste Kerze
angezündet und dann braucht es eine Woche, bis die zweite drankommt. Schade,
wie sehr wir verlernt haben, dass wir nicht alles zur gleichen Zeit haben
können. Man könnte sagen, der Fortschritt habe uns dazu verleitet, die
Elektrifizierung oder Computerisierung. Das ist wohl leicht geschummelt. Wir
haben es nicht so gut im Griff, wie wir es gerne hätten.
Denken Sie einfach mal an einen Garten voll hell erleuchteter Rentiere,
Päcklein, SantaClauses und Bischofsstäbe. Alles, einmal aufgestellt,
braucht's nur einen Schalter und schon leuchtet's. Innen hohl aber voller
Licht, lässt diese Fülle kein Warten mehr zu, keine Entwicklung, nichts:
Knips ein - knips aus. Noch einfacher, man lässt alles Tag und Nacht an oder
benutzt eine Zeitschaltuhr.
1-kerzeAlles ist schon geregelt, bevor der Advent eigentlich begonnen hat.
Es gibt keinen mehr, weder einen ersten noch einen zweiten, es gibt keinen
dritten und auch keinen vierten Advent. Es ist schon längst Weihnachten,
bevor nur schon der 1. Advent eine Chance hatte zu kommen.
Das Fest wird nach aussen delegiert: Fassade - schön und hell, aber eben nur
Fassade. Das Licht kommt nur aus der Steckdose.
Ich selber merke, wie ich das je länger je weniger brauchen kann. Darum bin
ich froh, wenn ich am Adventskranz eine Kerze nach der anderen anzünden
kann.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
Ökumenische Bahnhofkirche im Hauptbahnhof Zürich info(a)bahnhofkirche.ch
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Das Weg-Wort Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
Weg-Wort vom 30. November 2017
Wohin mit meinem Gepäck?
2017.11.30Die Bahnhofkirche ist im Hauptbahnhof Zürich im Zwischengeschoss
zuhause. Es ist das Dienstleistungsgeschoss, wo auch die Bahnhofhilfe, der
Wartsaal, die WC-Anlagen und nicht zuletzt die Schliessfächer sind für das
kleine und auch grössere Gepäck. Das Deponieren von Gepäck bietet oft Anlass
für ein kurzes Gespräch, auch über Zuständigkeiten.
So hat nämlich eine Begegnung angefangen. Nein, nein, Seelsorge brauche sie
nicht, aber das Schliessfach funktioniere nicht. Ob wir helfen könnten. Ja
sicher, ein kurzer Anruf bei der zuständigen Stelle im Hauptbahnhof und die
Hilfe war innerhalb weniger Minuten vor Ort.
Sind wir zuständig für die Schliessfächer, für die Gepäckablage? Ganz klar
nein, da sind andere besser dafür gerüstet. Aber jemandem zu helfen, wenn es
uns möglich ist, das fällt in unsere Zuständigkeit.
Eigentliche Seelsorge ist das sicher nicht, denn sie kamen nicht mit
schwerem seelischen Gepäck an, sondern mit der ganz normalen Frage: "Können
Sie mir helfen, das Schliessfach schluckt zwar das Geld, aber es lässt sich
nicht abschliessen?".
Schweres, seelisches Gepäck sieht man leider nicht. Aber es ist manchmal so
gross, dass es auch nicht ins grösste der Gepäckfächer passen würde.
Manchmal wünschte ich mir, es wäre so sichtbar wie eine körperliche
Verletzung. Man würde wohl schneller Hilfe suchen. Aber seelische Schmerzen
oder schweres seelisches Gepäck sieht man uns selten auf den ersten Blick
an.
Da braucht es Zeit und Vertrauen, einen ganz vertrauten Menschen oder die
der Anonymität und Verschwiegenheit von uns Seelsorgenden der Bahnhofkirche
bis endlich sichtbar werden darf, was einen vielleicht schon Jahrzehnte
belastet. Wir sind dazu da beizutragen, dass Belastendes und vielleicht auch
schon lange Jahre Mitgeschleiktes abgelegt werden kann.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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Thanksgiving
Ein typisches Thanksgiving-Gesteck
Thanksgiving ist in den Vereinigten Staaten das wichtigste Familienfest im
Jahreskreis, außerdem werden von vielen Familien auch Freunde oder andere
Gäste eingeladen. In seinem Mittelpunkt steht eine große Mahlzeit, meist
wird ein gefüllter, gebratener Truthahn gegessen.
Das Thanksgiving-Essen wird oft von einem Dank
<https://de.wikipedia.org/wiki/Gebet> gebet begleitet, oder jeder sagt der
Reihe nach, wofür man in diesem Jahr besonders dankbar ist. Solche Bräuche
variieren stark von Familie zu Familie oder dem jeweiligen Freundeskreis. Im
<https://de.wikipedia.org/wiki/Wei%C3%9Fes_Haus> Weißen Haus hat sich die
<https://de.wikipedia.org/wiki/National_Thanksgiving_Turkey_Presentation>
National Thanksgiving Turkey Presentation » etabliert, bei der die
Industrieverbände alljährlich dem Präsidenten einen Truthahn überreichen,
den die Präsidenten seit den 1990ern üblicherweise begnadigen; das Tier
wird nicht geschlachtet.
Danksagung für alles Gute, was uns geschenkt wurde im vergangenen Jahr ist
ein schöner Brauch, unserem Erntedankfest ähnlich. Die Begnadigung des
Truthahns in einem Land, in dem noch die Todesstrafe für Menschen herrscht,
befremdet mich. Wo sind die Prioritäten? Mensch oder Tier? Das Tier wird
nicht begnadigt weil man sein Leben retten will, es wird begnadigt weil es
zur Show geworden ist.
Ich will nicht mit dem Finger auf andere Länder mit anderen Sitten zeigen.
Fragen wir uns selber einmal ernsthaft, was an unseren Bräuchen inhaltsleer
geworden ist. Dass ein Grossverteiler aus Versehen bereits im Oktober
Ostereier und Ostergras im Sortiment hat ist dafür - auch wenn es ein
Irrtum war nur ein Beispiel. Advent und Fastenzeit werden kaum mehr als
Vorbereitung auf Weihnachten und Ostern angesehen, sondern sind vorgezogene
und verlängerte Festzeiten. Zeichen werden leer, wenn die Realität dahinter
nicht stimmt. Einen Truthahn begnadigen und Menschen in den Tod schicken
passt für mich da einfach nicht ganz zusammen. Aber eben: andere Länder,
andere Sitten.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
Ökumenische Bahnhofkirche
www.bahnhofkirche.chwww.offene-tuer.net