Weg-Wort vom 26. März 2009
Du sollst dir kein Bild machen
Gegen kein Gebot wurde in der Geschichte des Christen¬tums so konsequent
verstossen wie gegen das Bilder¬verbot. Aber das biblische Gebot: Du
sollst dir kein Bildnis machen ist in seiner radikalen Form ein Gesetz, das
wir gar nicht einhalten können.
Das Problem sind nicht so sehr gemalte oder in Holz oder Stein gehauenen
Gottesbilder, sondern die Gottesbilder, die wir im Kopf und Herz haben.
Unaufhörlich stellen wir uns Gott vor, wenn nicht in Bildern, so doch in
Gedanken und Worten.
Oft sind es einseitige, schiefe, belastende und lebens¬feindliche
Gottesbilder. Manche, die nicht an Gott glauben können, machen sich ein Bild
von Gott, das keineswegs dem biblischen entspricht. Wenn einer mir sagt, er
glaube nicht an Gott, dann stelle ich ihm jeweils die Gegenfrage: An
welchen Gott glaubst du nicht? Vielleicht glaube auch ich nicht an diesen
Gott.
Es kann auch sein, dass wir Christen am Unglauben anderer mitverantwortlich
sind. Dann nämlich, wenn unsere missverständliche Darstellung des
Gottesglaubens und unsere unglaubwürdige Lebenspraxis das wahre Antlitz
Gottes eher verstellen als offenbaren. Nicht selten hat eine verfehlte
religiöse Erziehung und Unterweisung dazu geführt, dass der Gedanke an Gott
mehr Angst als Vertrauen erweckt.
Gott bleibt ein Geheimnis und kann nicht festgelegt werden. Das Gottesbild
darf und muss sich im Verlauf unseres Lebens entwickeln, vielleicht auch in
einem schmerzlichen Prozess. Gottesbilder können zerbrechen, wenn wir von
einem unbegreiflichen Leid getroffen oder von Naturkatastrophen erschüttert
werden. Vielleicht müssen wir durch bittere Enttäuschungen und Zweifel
hindurch zu einem neuen, gereiften Gottesbild finden.
Mose ist in der Wüste dem bildlosen Gott seiner Vorfahren begegnet. Dieser
Gott offenbart sich ihm unter einem neuen Namen: Ich bin JHWH, ich bin der
da ist, der da sein wird. Das heisst: Wenn du dich vertrauensvoll auf mich
einlässt, wirst du erfahren, wer ich bin.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Susanne Wey, Beat Schlauri
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Weg-Wort vom 20. März 2009
Empfangenes weitergeben
Unser Leben ist wie eine Brunnenschale, die sich immer wieder neu füllt. Das
Wesentliche im Leben bekommen wir geschenkt: von den Eltern, vom Partner,
von den Kindern, von der Gesellschaft, und zuerst und zuletzt von Gott. Wer
das erkennt, durchschaut das Lebensgeheimnis und findet zur richtigen
Antwort des Geschöpfes: zum Danken.
Wenn ich vorbehaltlos weitergebe, was ich letztlich geschenkt bekommen habe,
kommt so viel zurück, dass es mich erfüllt und dankbar macht. Auf den ersten
Blick ist der reicher, der alles anhäuft und hortet. Aber die Freude
verdoppelt sich, wenn ich weitergebe. Empfangen UND Geben, Geben UND
Empfangen, das hält unsere Welt in Bewegung und bereichert unser
Zusammenleben. Unsere Welt geht nicht zugrunde aus Mangel an Wissen,
Sachverstand und Können, sondern aus Mangel an Bereitschaft, seine
Begabungen und Talente selbstlos einzubringen auch über den Weg der
ehrenamtlichen Tätigkeit.
Bevor ich weitergeben kann, muss ich allerdings meine eigene innere
Brunnenschale füllen lassen. Diese Wahrheit hat Conrad Ferdinand Meyer
einmal in seinem Gedicht über den römischen Brunnen klassisch formuliert:
Aufsteigt der Strahl und fallend giesst
Er voll der Marmorschale Rund,
Die, sich verschleiernd, überfliesst
In einer zweiten Schale Grund;
Die zweite gibt, sie wird zu reich,
Der dritten wallend ihre Flut,
Und jede nimmt und gibt zugleich
Und strömt und ruht.
Für wen bin ich eine Kraftquelle? Und welche Menschen sind für mich
Lebensbrunnen? Danke ich ihnen einmal dafür, dass sie mir Mut und Kraft zum
Leben geben? Kann ich ohne Berechnung schenken? Und kann ich ein Geschenk
dankbar annehmen oder überlege ich mir sofort, was ich zurückschenken
könnte?
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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Roman Angst, Toni Zimmermann
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Weg-Wort vom 19. März 2009
Und Jesus erzählte den Jüngern ein Gleichnis: Seht den Feigenbaum und alle
anderen Bäume!
Wenn sie ausschlagen, und ihr seht es, wisst ihr von selbst, dass der Sommer
schon nahe ist.
Jesus wollte die Menschen in das Himmelreich auf Erden führen. Das war die
frohe Botschaft, die er verkündigte.
Damit die Menschen ins Himmelreich finden, mussten sie heil werden. Das
heisst, ihr Denken, Empfinden und Handeln sollte übereinstimmen.
Jesus heilte darum auch Menschen und setzte Zeichen um ihnen Hoffnung zu
geben. Wer mit ihm zog, erlebte manch Unerklärbares.
Die meiste Zeit aber verbrachte Jesus damit, seine Jünger zu lehren. Sie
sollten aufmerksam werden, gegenüber dem, was um sie geschah. Daraus sollten
sie ihre Schlüsse ziehen. Damit die Menschen freier werden, versuchte Jesus
ihr Denken zu beeinflussen.
Um sie zu lehren, sprach er zu ihnen in Gleichnissen. Denn das war damals so
wie heute, Menschen können sich erst dann verändern, wenn sie etwas
einsehen, einen guten Grund dafür haben.
Im Gleichnis vom Feigenbaum weist Jesus darauf hin, dass eine neue Zeit am
anbrechen sei. Diese kündigte sich mit kaum beachteten Veränderungen an;
eben so, wie wenn die Bäume im Frühling zu knospen beginnen.
Nach Katastrophen hört man oft, dass sich diese durch kleinste
Veränderungen, angekündigt haben. Danach wundert man sich, dass keiner
darüber nachgedacht und gehandelt hat. Wer aber die kleinen Veränderungen
wahrnimmt, kann sich vorbereiten auf das was kommt. Darum sollten die Jünger
lernen zu beobachten und darüber nachdenken, um daraus Erkenntnisse zu
gewinnen. Erst das macht sie und uns zu selbständig Handelnden, die ihr Tun
vor Gott verantworten können.
Wer nachdenkt und lernt, wird dafür reich belohnt. Er oder sie kann so
Gottes Wirken und Zeichen in vielen Dingen erkennen. Jesus versichert seinen
Nachfolgern: Gott ist da. Es ist an uns nach ihm zu schauen.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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Roman Angst, Toni Zimmermann
Susanne Wey, Beat Schlauri
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Weg-Wort vom 17.März 2009
Licht
Das alles aber wird offenbar, wenn's vom Licht aufgedeckt wird;
denn alles, was offenbar wird, das ist Licht. (Epheser 5 13 14)
Über seine Probleme möchte der junge Mann mit mir reden; aussprechen, was
ihn bedrückt. Seine Schwierigkeiten werden immer mehr und sie blockieren die
Lebensenergie. Dunkle Gedanken treiben sich in ihm um. Er versteht sich als
Opfer von Umständen, die sein junges Leben bestimmten. Trost und
Verständnis für seine Situation finde er bei Therapeutinnen. Aber seine Lage
verbessere sich nicht, erzählt er traurig. Keine der Damen gebe ihm den
erlösenden Rat.
Der junge Mann steckt in seiner Opferrolle fest. Damit ist er eins geworden
und weiss viel über sich zu sagen. Da ist er mit sich wohl vertraut.
Aber hat Gott ihn wirklich zum Opfer bestimmt? Das darf man bezweifeln. Gott
will nicht, dass ein Mensch sein Leben erleidet. Darum gibt er uns allen
immer wieder Hinweise, damit wir mehr über uns selber erfahren. Jeder Mensch
lebt verschiedenste Rollen zugleich. Wenn man sich nur als Opfer sieht, auf
Ablehnung stösst, oder in Schwierigkeiten gerät, hilft es, genau hinzusehen.
Es kann sein, dass man sich selber im Wege steht.
Gott versucht durch Situationen oder durch Mitmenschen unsere Aufmerksamkeit
auf unsere Probleme zu lenken. Sind diese einmal ins Licht unseres
Bewusstseins gerückt, dann können wir nach der Ursache suchen und Lösungen
entwerfen.
Damit das gelingt, muss man sich selber beobachten. Die Einsichten, die wir
dadurch gewinnen, sind die Wegweiser, die uns ins Licht führen. Dann sehen
wir, wo wir falsch liegen und können etwas dagegen tun.
Dort, wo man Klarheit über sich gewinnt, kann man beginnen, etwas zu
verändern. Dann bestimmt man selber, was mit einem geschieht. Es sind die
kleinen bewussten Schritte, die uns aus dem Dunkel ins Licht führen. Das
befreit aus der Opferhaltung. Gott will uns in das Leben im Licht lenken.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Susanne Wey, Beat Schlauri
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Weg-Wort vom 16. März
Schlüssel
Die meisten von uns haben wohl immer einen Schlüssel bei sich, den Haus-
oder Wohnungs¬schlüssel oder gar einen ganzen Schlüsselbund. Was wäre unser
Leben ohne Schlüssel? Wie hilflos sind wir schon gewesen, wenn wir sie
verlegt oder verloren haben! Wie viel Zeit haben wir schon bei der Suche
nach unseren Schlüsseln verloren?
Wir brauchen nicht nur Schlüssel, um durch verschlossene Türen zu gelangen.
Im übertragenen Sinn brauchen wir auch Schlüssel, um Menschen
aufzuschliessen, die mit uns leben oder uns begegnen. Es sind manchmal ganz
kleine Schlüssel, die Herzenstüren öffnen können mit behutsamer, zärtlicher
Hand. Grobe Hände ohne Fingerspitzengefühl können so einen Schlüssel gar
nicht richtig fassen.
Welche Schlüssel gebrauche ich, um verschlossene Gesichter und Herzen zu
öffnen? Den Schlüssel des Geldes, der Macht und Autorität? Mit dem Schlüssel
des Geldes öffnet sich fast jede Tür nur nicht die Tür zum Vertrauen. Als
Christinnen und Christen sollten wir andere Schlüssel in der Tasche haben.
Manche versuchen es mit Blumen. Das ist kein schlechter Schlüssel, denn
Blumen zeigen Aufmerksamkeit und machen Freude. Wann habe ich zum letzten
Mal Blumen mitgebracht den Eltern, dem Ehepartner, der Schwiegermutter?
Die Liebe ist der Universalschlüssel, der zu allen Türen passt. Schon ein
kleiner Schlüssel kann zentnerschwere Türen öffnen. Und denken wir daran,
was der kleine Zündschlüssel im Auto für eine Energie in Bewegung setzt!
Für wen bin ich selber ein Schlüssel? Habe ich die Kraft, einen Menschen
aufzuschliessen, der verkrampft, verbittert ist? Sehe ich mich als Werkzeug,
als Schlüssel in der Hand Gottes, der mich dazu berufen hat, Menschen
aufzuschliessen für das Vertrauen, für den Glauben, für das kirchliche
Leben? Vielleicht werde ich dadurch für einen anderen Menschen zur
Schlüsselfigur.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Susanne Wey, Beat Schlauri
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