Liebe Filmfreundinnen und *Filmfreunde
"Werden sie mich trotzdem noch lieben?"; "Wird plötzlich alles
anders?"
- Wer nicht ins heteronormative Schema passt, hat es auch in der ach so
aufgeschlossenen Gesellschaft von heute nicht immer leicht. Umso
schöner, wenn die Abweichung davon, was wir gemeinhin als "Norm"
anschauen, nicht skeptisch beäugt, sondern als Ergänzung begrüsst wird.
In Luis de Filippis wunderbar heiter-melancholischen Sommergeschichte
"Something You Said Last Night" muss die transProtagonistin zwar nicht
um die Anerkennung ihrer Familie kämpfen, aber im Sommerurlaub in einem
konservativen Rentnerparadies wird sie doch ab und an mit scheelen
Blicken konfrontiert. Ausserdem sind bei Familienferien auf engstem
Raum und mit zwei Mittzwanzigerinnen Spannungen quasi vorprogrammiert...
"Something You Said Last Night" erzählt ohne Klischees und mit feinem
Humor von Familie, Identität und Liebe.
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen erholsame Sommertage und -ferien und
grüssen herzlich,
Sarah Stutte und Natalie Fritz
FILM DES MONATS JULI
Juli 2023
Something You Said Last Night
Mittzwanzigerin Renata reist mit ihrer Familie in den Urlaub. Im
konservativen Ferienort fühlt sich Renata leicht unbehaglich als
transFrau - auch wenn sich ihre Familie liebevoll um die erwachsene
Tochter - ihre Transsexualität ist kein Problem - kümmert. Regisseurin
Luis De Filippis erzählt in diesem herrlich klischeefreien Film von
Familiendynamiken, Identität, Abhängigkeiten und Liebe.
Familie ist - besonders im queeren Umfeld - oft ein schwieriges Thema.
Komplizierte Gefühle und Beziehungen, Gedanken zwischen Loslösen und
Vertrautheit stehen in Konflikt mit der Sehnsucht nach Liebe und
Verständnis. Diejenigen, die jemanden am besten kennen, können diese
Person auch am meisten verletzen. Vor allem, wenn Selbsterkenntnis und
Selbstliebe für das eigene Überleben unabdingbar sind.
Diese Themen klingen in «Something You Said Last Night», dem
Spielfilmdebüt der kanadisch-italienischen Trans*-Filmemacherin Luis De
Filippis leise an. Der Film, der lose von ihrer eigenen Familie
inspiriert ist, erzählt von der jungen Renata, die während eines
einwöchigen Familienausflugs auf engstem Raum zwischen Bindung und
Entfremdung schwankt. So teilt Renata sich mit ihrer Schwester ein
Schlafsofa im Wohnzimmer, während zwischen ihnen - doch nicht nur dort -
langsam die Spannungen zunehmen.
Auch die Eltern pendeln zwischen kleinen Zwistigkeiten und innigen
Augenblicken hin und her. In vielen kleinen häuslichen Momenten baut De
Filippis schnell eine berührende Intimität auf und malt eine erkennbare
Familiendynamik mit nicht viel mehr als einem grünen Smoothie. Das
Schöne an dieser Geschichte, die Tiefe im Alltäglichen findet, ist
dabei, wie natürlich und liebevoll hier eine Familie miteinander umgeht,
in der die Transsexualität der Tochter nie zum Problemthema gemacht,
sondern einfach als selbstverständlich betrachtet wird.
Sarah Stutte
«Something You Said Last Night», Kanada/Schweiz 2022; Regie: Luis De
Filippis; ProtagonistInnen: Carmen Madonia, Paige Evans, Ramona Milano;
Verleih: First Hand Films; Homepage:
https://www.firsthandfilms.ch/de/something-you-said-last-night/;
Filmseite:
https://www.cinedokke.ch/Something-You-Said-Last-Night-445f7900
Ab 6. Juli 2023 im Kino
https://www.youtube.com/watch?v=hUsFtTTwg6A