Weg-Wort vom 3. Juni 2010
Gelassenheit 10 praktische Übungen - Teil 2
Im Wegwort von gestern konnten Sie fünf der zehn Vorsätze von Papst Johannes
XXIII. aus seinem Dekalog der Gelassenheit lesen. Vielleicht haben Sie
einen davon schon ausprobiert und haben die Erfahrung gemacht, dass diese
einfache Lebensphilosophie sehr hilfreich ist für den Alltag. Dann warten
Sie sicher schon auf die fünf weiteren praktischen Übungen, wie sie die
Tugend der Gelassenheit erlernen können:
6. Heute, nur heute werde ich eine gute Tat vollbringen, und ich werde
es niemandem erzählen.
7. Heute, nur heute werde ich etwas tun, wozu ich eigentlich keine Lust
habe; sollte ich es als eine Zumutung empfinden, werde ich dafür sorgen,
dass niemand es merkt.
8. Heute, nur heute werde ich ein genaues Tagesprogramm aufstellen.
Vielleicht halte ich mich nicht genau daran, aber ich werde es aufsetzen.
Und ich werde mich vor zwei Übeln hüten: vor der Hetze und vor der
Unentschlossenheit.
9. Heute, nur heute werde ich fest daran glauben selbst wenn die
Umstände mir das Gegenteil zeigen sollten -, dass die gütige Vorsehung
Gottes sich um mich kümmert, als gäbe es sonst niemanden auf der Welt.
10. Heute, nur heute werde ich keine Angst haben. Ganz besonders
werde ich keine Angst haben, mich an allem freuen, was schön ist,
und an die Güte glauben.
Nimm dir nicht zuviel vor.
Es genügt die friedliche, ruhige Suche nach dem Guten
an jedem Tag zu jeder Stunde, und ohne Übertreibung und ohne Ungeduld.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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Weg-Wort vom 2. Juni 2010
Tu, was du nicht lassen sollst 10 Gebote der Gelassenheit Teil 1
Geht es Ihnen auch wie so vielen anderen? Nachts im Bett wälzen Sie Gedanken
und Probleme des vergangenen Tages und kommen nicht zur Ruhe. Sie finden
keinen Schlaf. Am nächsten Morgen fühlen Sie sich wie gerädert. Keine gute
Voraussetzung für einen glücklichen Tag. Gelassenheit wäre jetzt hilfreich.
Das eine lassen, dafür das andere tun. Ganz bewusst. Wie aber geht das?
Der verstorbene Papst Johannes XXIII. schrieb für sich selbst einige
Vorsätze auf, die er mit der Zeit auf zehn Regeln erweiterte. Allesamt sehr
praktische und hilfreiche Übungen für den Alltag.
Bekannt sind sie als Dekalog der Gelassenheit:
1. Heute, nur heute werde ich mich bemühen, den Tag zu leben, ohne die
Probleme meines Lebens auf einmal lösen zu wollen.
2. Heute, nur heute werde ich auf ein zurückhaltendes Auftreten achten:
Ich werde niemanden kritisieren, ich werde nicht danach streben, die anderen
zu korrigieren oder zu verbessern nur mich selbst.
3. Heute, nur heute werde ich in der Gewissheit glücklich sein, dass
ich für das Glück geschaffen bin nicht nur für die andere, sondern auch
für diese Welt.
4. Heute, nur heute werde ich mich an die Umstände anpassen, ohne zu
verlangen, dass die Umstände sich meinen Wünschen anpassen.
5. Heute, nur heute werde ich zehn Minuten meiner Zeit einer guten
Lektüre widmen; wie die Nahrung für das leibliche Wohl notwendig ist, so ist
die gute Lektüre notwendig für das Leben der Seele.
(Teil 2 folgt morgen!)
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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Weg-Wort vom 28. Mai 2010
Immer wieder Sonntag
Eines Tages kamen die Tiere zusammen, weil auch sie Sonntag haben wollten.
Der Löwe erklärte: Wenn ich eine Gazelle verspeise, ist für mich Sonntag.
Das Pferd meinte: Mir genügt eine weite Koppel, damit ich ausgiebig
galoppieren kann. Das Faultier gähnte: Ich brauche einen dicken Ast, um zu
schlafen.
Der Pfau sagte: Für meinen Sonntag genügt mir ein Bund neuer
Schwanzfedern. Alle Wünsche der Tiere erfüllten sich, aber es wurde unter
ihnen kein Sonntag. Da kamen Menschen vorbei und lachten: Ja wisst ihr denn
nicht, dass es nur Sonntag wird, wenn man mit
Gott wie mit einem Freund spricht?
Diese Geschichte nach einer afrikanischen Sage gefällt mir.
Ich glaube nämlich, dass die Tiere mit ihrem Verhalten recht gut unser
eigenes Tun wiederspiegeln und auch unser Gefühl, wenn wir an den
Sonntag denken. Wir essen gut, machen einen Ausflug oder frönen dem süssen
Nichtstun. Und das ist gut so. Aber oft packen wir den Sonntag voll mit
Aktivitäten und Dingen, für die während der Woche keine Zeit bleibt. Da
erinnere ich mich dann gern an einen Spruch aus meiner Kindheit:
Der Sonntag ist der Tag des Herrn, am Sonntag ruh und bete gern.
Der Sonntag ist ein Gottesgeschenk. Wir brauchen mindestens einen Tag in der
Woche, an dem wir mal einen Gang runter schalten, langsamer fahren können,
um zur Ruhe zu kommen. Das ist dringend nötig. Genauso nötig ist es aber,
dass wir uns der ganzen Bedeutung des Sonntags bewusst sind. So lautet das
dritte Gebot: Du sollst den Tag des Herrn heiligen. Was aber
geheiligt ist, das wird aus dem Umkreis des Alltäglichen herausgenommen. Der
siebte Tag ist geschenkte Zeit; Raum, um den Sonntag als freien Tag zu
gestalten. Dabei sollten wir Gott als Ursache für den Sonntag nicht aus den
Augen verlieren. Er schenkt uns mit diesem freien Tag die Möglichkeit für
Besinnung, für Begegnung und Gemeinschaft, für Entspannung und Ruhe.
Gott sei Dank.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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Weg-Wort vom 27. Mai 2010
Grenzerfahrungen
Kennen Sie dieses Sätzchen, das entweder als tiefe Selbsterkenntnis oder als
guter Ratschlag geäussert wird: Ich muss lernen dich abzugrenzen oder eben
Du musst halt lernen, dich abzugrenzen. Alles toll, aber dass bei all
der gut gemeinten Abgrenzerei doch nicht alles koscher ist, beweist mein
Verschreiber oben, oder der Spruch, den ich immer mithöre, wenn von
Sich-Abgrenzen die Rede ist: Den Letzten beissen die Hunde. Irgendjemand
bezahlt die Rechnung, ich bin es sicher nicht, ich hab mich ja abgegrenzt,
geschützt. Dazu kommt die Erfahrung, dass solche, die sich so gut zu
schützen und abzugrenzen wissen, sich kaum um die Grenzen anderer kümmern.
Da gibt es Menschen, die wissen sich und ihren eigenen Arbeitsbereich sehr
gut zu schützen: Wehe, es trampt einer rein. So heilig ihnen der eigene Raum
ist, so hemmungslos spielen sie auf fremden Plätzen. Man ist ja grosszügig
und Gärtchendenken ist einem fremd.
Grenzen sind nicht so schlecht, sie halten einen zusammen, Grenzerfahrungen
sind wichtig. So, wie die KonfirmandInnen in unserm Lager auf einen ca 10m
hohen Masten, zuoberst auf die Plattform (50x50cm) geklettert und dann von
dort zu einem wenige Meter entfernten hängenden Trapez gesprungen sind. Alle
haben es geschafft ausser einem, und der machte die Erfahrung, dass er, als
er vom Podest aus sprang und das Trapez verfehlte, nicht zu Boden stürzte,
sondern in die Sicherung. Er wurde gehalten.
Solche Grenzerfahungen sind wichtig, die bringen einen weiter, weil es da um
die Entwicklung der eigenen Person geht, um mehr von sich kennen zu lernen.
Auch, dass in solchen Momenten die Sicherungen funktionieren, und man nicht
ungebremst zu Boden stürzt, ist eine zentrale Erfahrung. Aber ob man diese
Selbsterfahrungssache meiner KonfirmandInnen so eins zu eins in die
Arbeitswelt übertragen darf, da habe ich meine Zweifel. Gut wäre es, sehr
gut sogar. Ob es so ist bei all der Abgrenzerei? Oder, ob es so wird, dass
hängt auch von uns ab, davon, wie wir uns in unserm Lebensalltag einsetzen,
wie wir unsere Verantwortung als Menschen am Arbeitsplatz und in der
Gesellschaft wahrnehmen.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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Roman Angst, Toni Zimmermann
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Weg-Wort vom 26. Mai 2010
Wenn ich an meine Mutter denke
dann erinnere ich mich gern auch an ihre Worte Petit à petit loiseau fait
son nid. Schritt für Schritt macht der Vogel sein Nest oder Eins nach
dem Andern. Ein Wort gegen das Überspringen von Stufen. Ich höre sie das
sagen und weiss, dass es mich am Meisten angeht. Wie oft renne ich, mache 5
Dinge gleichzeitig und meine, es ginge alles auf. Wie oft konnte ich mich
nicht zurückhalten und habe nur schon beim Treppensteigen Stufen
übersprungen und bin hin und wieder, die Treppe hinaufgefallen hinunter
erst einmal. Und die grösste Verletzung habe ich mir beim Hinauffallen zu
gezogen. Überhaupt kein Schritt für Schritt - immer noch nicht. Auch heute
noch bringe ich es fertig, Termine so aneinander zu legen, dass es weh tut
und Atemlosigkeit Programm ist.
Aber auch das andere kenne ich, das bewusste Schritt für Schritt-Gehen, eine
Treppenstufe nach der andern. Obwohl ich das Gefühl nicht loswerde, ich sei
damit langsamer, bin ich schneller, gründlicher. In der Petit à
petit-Technik wird die Hektik, in der ich mich zu verlieren oder zu
verletzen drohe, ausgebremst.
Ich brauche meine Zeit für das, was ich vorhabe und nicht dazu meine Wunden
zu lecken, oder den Schaden zu begrenzen. Ich werde ja nicht gleich zum
Faulpelz, wenn ich eins nach dem andern erledige. Aber das hektische Gefühl
ist weniger stark und die damit verbundene Unruhe.
Sie wissen ja selbst, wie schnell aus einem Gehetze ein Unfall entsteht. Und
wer rechnet dann diese Zeit?
Eins nach dem andern, ruhig und konzentriert, das geht am Schnellsten.
Am besten man beginnt gleich mit dem Training. Denn, wenn man das nicht
gewohnt ist, dann braucht es Übung, Übung, und nochmals Übung.
Am besten fang ich selber gleich wieder an damit und dieses Wegwort hilft
mir dabei die Worte meiner schon lange verstorbenen Mutter erneut zu
beherzigen, immer noch und immer wieder auf sie zu hören.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
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Weg-Wort vom 25. Mai 2010
Pfingsten ist vorbei was nun?
Nach der Zeit der Feste, die festlose Zeit. Nach Pfingsten kommt der Alltag.
Und der wird immer schneller und schneller. Geschwindigkeit hat ja schon
etwas Elektrisierendes, etwas Berauschendes an sich. Wie herrlich an einem
schönen Tag auf dem Motorrad übers Land zu fahren, über Pässe und durch
Täler oder im Cabriolet, sich den Wind durch die Haare wehen zu lassen. Das
Gefühl von Freiheit , von Ungebundenheit kommt auf, eine gewisse
Leichtigkeit. Ein Traum, eine schöne Vorstellung und dann die Rückkehr in
den Alltag, hart, eckig, nicht mehr so leicht und luftig, auch nicht mehr so
farbig und aus der wohltuenden berauschenden Geschwindigkeit des Wochenendes
wird bedrückende Hektik. Man fährt nicht mehr Cabrio im Alltag, keine Zeit
für den grossen Töff. Ist damit das Wehen des Geistes Gottes auch zu Ende?
Gehört der im Alltag auch in die Garage? So wie der Ausflug und der
Gottesdienst zum Sonntag gehören gehört der Geist Gottes auch nur dahin?
Im Gegensatz zur schönen Harley Davidson und zum Cabriolet, erwarte ich vom
Geist, der da an Pfingsten ausgegossen wurde, dass er alltagstauglich, auch
schlechtwettertauglich ist. Was nützt mir ein guter Geist, der mich in einem
Alltag, der oft genug von allen guten Geistern verlassen ist, auch noch
verlässt und mir auf gut bürokratische Weise sagen lässt: Hierfür bin ich
jetzt wirklich nicht zuständig.
Was meinen Sie? Gottes Geist sollte doch wetterfest sein? Dann brauchen wir
ihn doch.
Dann ist er auch da, vielleicht als die 5 Minuten Ruhe, die ich brauche, um
in der horrenden Geschwindigkeit des Alltags den klaren Kopf nicht zu
verlieren. Dann ist er da als die Atempause, die den Rhythmus des Tages
bricht, als das Gebet, das mich für einen Moment aus meiner Blockade
herausreisst , als der Blick ins Grüne, als der kurze Traum von der Ausfahrt
mit dem Töff. Er ist da. Bhüet Sie Gott.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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Weg-Wort vom 21. Mai 2010
Pfingsten - Welcher Geist bewegt mich?
Pfingsten ist Pfingsten. Es ist der Tag, an dem Gott durch seinen Geist
kirchliche Gemeinschaft begründet. Er ist Boden und Antrieb für ein
Miteinander, das sich immer wieder neu an ihm auszurichten hat.
In den Nachrichten habe ich mir den aus-gelassenen Jubel in Basel über den
Meistertitel seines FC angeschaut. Ich habe vorher Stockers Tor mit dem
linken Fuss und das Kopftor von Chipperfield gesehen, aber auch gehört, dass
die SBB jedes Jahr ca 3 Millionen Franken ausgeben, um Fanschäden in den
Zügen zu beheben. Nein, so sehr ich ein gutes Fussballspiel geniesse, das
ist nicht der Geist, der Pfingsten ausmacht. Ich traue dieser Begeisterung
nicht, weil ich, seit Palmsonntag und Karfreitag weiss, wie schnell diese
Art von Begeisterung in ihr Gegenteil umschlagen kann. Ich traue auch ihrer
religiösen Form nicht. Denn auch sie kann unvermittelt in brutalen
Fanatismus kippen, der alles niedermäht, was nicht den eigenen
Glaubensinhalten und Glaubensformen entspricht.
Welcher Geist hat also die Jünger erfüllt? Einer, der die Zuhörer irritiert
hat. Und was hat irritiert? Ungebildete galiläische Fischer konnten auf
einmal so sprechen, dass alle sie verstanden haben als würde heute einer,
der die Attest-Lehre absolviert hat, so reden, dass ihn Amerikaner und
Chinesen, Inder und Brasilianer, Inuit und Aborigines verstehen könnten: Von
einem Geist erfüllt, dass Gesagtes verstanden wird. Eine Werberegel besagt:
Nicht das, was Du sagst, ist entscheidend, sondern das, was die andern
hören. Da spricht einer ganz und gar nicht die Sprache der Andern und sie
verstehen ihn. Bei uns ist es in der Regel umgekehrt. Und deshalb ist es
schon ein Wunder des Heiligen Geistes, wenn es geschieht, dass das, was
gesagt wird, auch gehört und verstanden wird.
Die Begeisterung durch den Heiligen Geist fällt also nüchterner aus. Es ist
nicht die ausgelassene Stimmung, von der ich, angesteckt, fortgeschwemmt
werde, zu lallen beginne, Unverständliches Zeugs schwatze und dann
vielleicht mit einem Kater aufwache. Das ist es nicht. Aber der Geisteinfall
ist es, der mich ernüchtert und verstehend macht der mich begreifen lässt,
was andere mir sagen, der mich unterscheiden lehrt, der mich verstehen
lässt, was wichtig ist.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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PS: Ich schicke Ihnen das Wegwort noch einma, aber diesmal mit dem richtigen
Datum versehen.