Weg-Wort vom 17. September 2009
Warum musste das geschehen?
Es helfe, Gott zu fragen, anstatt ihn anzuklagen, oder sich gar von ihm
abwenden. Denn solange wir fragen, bleiben wir ihm zugewandt und dadurch
offen, seine Hilfe zu empfangen, entnehme ich einer Empfehlung.
Die junge Mutter, die eben ihr Kind leblos im Bett gefunden hat, nützen
diese Worte wenig. Gefühle von Unglauben, Verzweiflung und Schmerz schütteln
sie und alle, die davon erfahren. Aufwachen möchte sie aus diesem Alptraum,
sehen dass die Sonne scheint und sich die Augen reiben. Lass diesen Kelch
an uns vorübergehen. Mach es ungeschehen, komm zurück!. Diese Stossgebete
aber verhallten wie einst in Gethsemane. Der Adressat gibt keine Antwort.
Das Geschehen nimmt seinen Lauf. Nothelfer, Ärzte kommen und versuchen das
Unmögliche.
Sie geben damit den Betroffenen wichtige Minuten, sich an die Realität zu
gewöhnen.
Irgendwann, wird dann die Tatsache zur traurigen Gewissheit. Gott, mein
Gott warum hast Du uns verlassen? Dunkel und schwer sind die Stunden,
draussen schüttelt der Sturm das Laub. Die Mutter öffnet das Fenster. Sie
bittet den Wind er möge die Seele ihres Kindes rasch in den Himmel tragen.
Dann besinnen wir uns auf die alten Worte. Alle Herbeigeeilten beten
zusammen, weil wir sonst gar nichts mehr tun können.
Es schmerzt. Wir erinnern uns an das Lachen des Kleinen, an seine
Lebensfreude, an das selige Vertrauen, mit welchem er noch vor dem
Mittagsschlaf den Nachbarn begegnete. So viele Pläne, Wünsche haben sich
zerschlagen. Der Boden ist offen, die Mutter möchte darin versinken.
Umstehende fragen sich nach dem Sinn, klagen. Wohin willst du uns lenken
Gott, dass du uns dies zumutest? Was willst Du von uns?
Wir wissen es wohl, erst nach der Auferstehung wird man im Geschehenen einen
Sinn erkennen. Aber ob und wann das gelingt, bleibt ungewiss. Vielleicht
können wir beten:Gott hilf uns, so weiter zu leben, dass dieser Morgen
einmal dämmert.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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Roman Angst, Toni Zimmermann
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Weg-Wort vom 10. September 2009
Klatsch und Tratsch
Es ist nicht immer böse Absicht, wenn wir Informationen über nicht anwesende
Personen austauschen. Klatsch über Prominente füllt schliesslich die Spalten
der Regenbogen¬presse. Wenn wir über einen Menschen schlecht reden, ist das
allerdings nicht so harmlos. Wir geraten dabei leicht in den Bereich der
üblen Nachrede und Ehrverletzung.
Hilfreich ist in dieser Beziehung die kleine Geschichte von den drei Sieben:
Ganz aufgeregt kam einer zum weisen Sokrates gelaufen: Höre, Sokrates, das
muss ich dir erzählen, wie dein Freund
Halt ein! unterbrach ihn der Weise. Hast du das, was du mir erzählen
willst, durch die drei Siebe gesiebt?
Drei Siebe? fragte der andere verwundert.
Ja, drei Siebe. Das erste Sieb ist die Wahrheit. Hast du alles, was du mir
erzählen willst, geprüft, ob es war ist?
Nein, ich hörte es erzählen.
So, so. Aber sicher hast du es mit dem zweiten Sieb geprüft, es ist die
Güte. Ist, was du mir erzählen willst, wenn schon nicht als wahr erwiesen,
so doch wenigstens gut?
Nein, das ist es auch nicht, im Gegenteil.
Der Weise unterbrach ihn: Lass uns auch noch das dritte Sieb anwenden und
fragen, ob es notwendig ist, mir das zu erzählen, was dich so erregt.
Notwendig nun gerade nicht.
Also, lächelte der Weise, wenn das, was du mir erzählen willst, weder
wahr noch gut noch notwendig ist, so lass es begraben sein und belaste dich
und mich nicht damit!
Wir alle sind in vieler Hinsicht fehlerhafte Menschen, schreibt der
Verfasser des Jakobusbriefes (3,2). Wer nie ein verkehrtes Wort redet, ist
ein vollkommener Mensch. Vielleicht wäre es gut, wenn wir unseren Klatsch
und Tratsch öfter durch die drei Siebe des Sokrates filtrieren würden.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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Weg-Wort vom 9. September
Freiheit ist anstrengend
Der Auszug aus Ägypten wird in der Bibel dargestellt als ein langer und
mühsamer Weg in die Freiheit. Er ist zum Bild geworden für Befreiung
überhaupt: Befreiung führt durch die Wüste, sie bringt Entbehrungen mit
sich, Spannungen, Zweifel und Gefahren.
Vor den der schwerbewaffneten Truppe des Pharao entdecken die Leute um Mose
ihre Liebe zu Ägypten. Der Aufbruch in die Freiheit und der Wegzug aus der
Knechtschaft haben ihre Faszination verloren. Angesichts der Gefahr
erscheint die Last der Unfreiheit gar nicht so schlimm: Haben wir nicht
gleich gesagt, du sollst uns in Ruhe lassen, wir wollen lieber den Ägyptern
dienen als in der Wüste umkommen (Exodus 14,12).
Ein Kind, das gehen lernt, entdeckt seine Liebe zum Laufgitter
wahrscheinlich in dem Moment, da es weinend am Boden liegt neben dem bösen
Tischbein, das härter ist als sein zartes Köpfchen. Und doch wird es nicht
im Laufgitter bleiben. Etwas in ihm treibt es dazu, frei zu werden vom
Laufgitter, das es stützt und zugleich einengt.
Auf eigenen Beinen stehen und gehen zu können ist bestimmt eine wichtige
Etappe im Leben des Kindes. Schon bald meldet sich der Anspruch, als Mensch,
als Person selbständig da zu stehen und selbstverantwortlich zu handeln.
Dieser Anspruch begleitet uns Menschen durch das ganze Leben. Und dieser
Freiheitsdrang bringt uns manch härteren Schock ein als das Tischbein für
das kleine Kind.
Kein Wunder, dass wir uns als erwachsene Menschen und ChristInnen auf dem
mühsamen, riskanten Weg zur Freiheit immer wieder nach dem kindlichen
Laufgitter zurücksehnen, uns an Vorschriften, dogmatische Lehren,
Autoritäten, Konventionen und Traditionen klammern.
Ihr seid zur Freiheit berufen! Nur nehmt eure Freiheit nicht als Vorwand
für die Befriedigung eurer selbstsüchtigen Wünsche, sondern dient einander
in Liebe (Galaterbrief 5,13). Der Weg in die Freiheit ist immer mühsam und
riskant. Aber der Herr führt und begleitet uns.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
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Weg-Wort vom 8. September 2009
Füsse
Vor Kurzem war ich wieder einmal bei meiner Podologin, um die verwachsenen
Zehennägel schneiden und meine strapazierten Füsse pflegen zu lassen.
Seither spüre ich eine neue Dankbarkeit und Bewunderung für meine Füsse.
Es ist nicht selbstverständlich, dass wir uns mit den Füssen frei von einem
Ort zum anderen bewegen können und dürfen. Die Füsse tragen uns durch das
ganze Leben.
Die Füsse sind die Basis unseres Bewegungsapparates, sie halten uns im
Gleichgewicht und sind wichtige Knotenpunkte unseres Körpers. Die
chinesische Medizin geht davon aus, dass an den verschiedenen Zonen des
Fusses Entsprechungen und Verbindungen zu allen Körperorganen bestehen. Die
Fussreflexzonen widerspiegeln die verschiedenen Organe, sodass wir von den
Füssen her auf den Gesundheitszustand des ganzen Körpers schliessen können.
Die Bedeutung unserer Füsse für unser Wohlbefinden wird uns meist erst dann
bewusst, wenn Probleme auftreten. Die richtigen Schuhe sind das Eine und die
regelmässige Pflege das Andere. Eigentlich machen wir Schweizer uns kaum
einmal die Füsse schmutzig, weil wir ja meistens Schuhe tragen. Trotzdem
hinterlassen unsere Füsse und Socken oft ziemlich unangenehme Düfte. In
biblischen Zeiten war es Brauch, einem Besucher als Zeichen der
Gastfreundschaft die Füsse zu waschen. Genau das hat Jesus seinen Jüngern
vorgelebt. Das war kein Kurs für Pediküre, sondern ein Kurs für Demut und
Dienst am Nächsten. Oft bin ich aber eher dazu geneigt, meinen Mitmenschen
gründlich den Kopf zu waschen als ihnen einen selbstlosen Liebesdienst zu
erweisen.
Folgen wir doch heute der Einladung der Erfolgsautorin des positiven Denkens
Louise Hay: Denken Sie an das Wunder, das wir Gehen nennen. Wie wunderbar
ist es doch, aufstehen und an einen anderen Ort gehen zu können. Danken Sie
Ihren Füssen dafür, dass sie Sie zu so vielen Orten tragen.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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