Weg-Wort vom 9. Juli 2009
Ab ins Ferienparadies!
Ferien sind der Traum der Schulkinder, aber auch das ersehnte Ziel, auf das
wir Erwachsene uns schon lange gefreut haben. Wie sieht es bei Ihnen aus?
Haben Sie Ihren Urlaub schon gehabt? Oder können Sie sich noch darauf
freuen? Ferien und Urlaubsreisen versprechen ja so viele neue Erfahrungen.
Warum aber verläuft der Urlaub manchmal so enttäuschend? Warum gibt's
ausgerechnet am Strand mehr Krach als in den eigenen vier Wänden? Warum im
Wohnwagen oder im Hotel mehr Frust als im Eigenheim? Das liegt meiner
Meinung nach daran, dass der Urlaub oft zu sehr mit Ansprüchen befrachtet
ist.
Überhöhte Erwartungen an den Urlaub gibt es viele: Endlich den Ehepartner
einmal ganz für sich haben. Endlich einmal richtig Familie sein. Endlich mal
sich einfach treiben lassen können. Endlich niemand, der etwas von mir
erwartet - um das zu erreichen muss allerdings schon allein durch die Wüste
reisen!
Die Reiseindustrie trägt zur Überhöhung der Erwartungen bei.
Interessanterweise bedient sich die Werbung biblischer Bilder: Wie oft ist
da in den Prospekten vom Urlaubsparadies die Rede. Und die Ferienanlage
heisst nicht zufällig Eden in Erinnerung an den Garten Eden aus der
Bibel. Wenn die Welt und der Alltag an sich schon so grau und manchmal auch
hoffnungslos sind, soll wenigstens für den Urlauber das Paradies auf Erden
wahr werden.
Die Bibel ist da ganz nüchtern. Das Paradies ist verloren. Wir leben
jenseits von Eden. Und selbst paradiesische Ferienanlagen können uns nicht
darüber hinwegtäuschen, dass es in unserem Leben teilweise recht
unparadiesisch zu und her geht.
Ferien sind mehr als Fortbewegung und Ablenkung. Erholung finden wir dort,
wo die tieferen Schichten unseres Menschseins freigelegt werden und zum
Tragen kommen. Und das geschieht nicht nur an den Feriendestinationen.
P.S. Ich freue mich übrigens auch, die Sommerzeit zu Hause bei meiner Arbeit
zu verbringen. Der Stadtverkehr ist weniger hektisch, der Stau weniger zäh,
die Menschen scheinen entspannter zu sein. Da lernen wir vielleicht in uns
selber neue Seiten kennen, die sonst im Stress des Alltags verdeckt sind.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Susanne Wey, Beat Schlauri
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www.bahnhofkirche.ch
Weg-Wort vom 3. Juli 2009-07-03
Reif
Sobald aber die Frucht reif ist, legt er die Sichel an; denn die Zeit der
Ernte ist da. (Mk 4,29)
Will man süsse, aromatische Früchte ernten, muss man geduldig warten können,
bis sie reif sind. Dabei gilt es sich bereit zu halten, damit man sie zur
rechten Zeit pflücken kann. Dann sind sie ein Genuss. Verpasst man diesen
Moment, fallen die Früchte vom Baum und verfaulen.
Die volle Reife abzuwarten, ist nicht jedermanns Sache. Ein Bauer, der
kalkulieren muss, ist gedrängt, die Früchte vorzeitig von den Bäumen zu
reissen. Er erntet sobald sie gross genug sind. Geschmacklich können diese
Früchte es mit den gereiften Exemplaren nicht aufnehmen. Süsse und Aroma
brauchen Sonne und Zeit, damit sie sich entfalten.
Warten können, bis die Zeit da ist um zu handeln ist wichtig, wenn das Leben
Qualität haben soll. Sind wir ungeduldig und zerren die Früchte vorzeitig
vom Lebensbaum, fehlt ihnen ihre Essenz, das, was sie ausmacht.
Mutter Teresa sagte in einem Interview: Wir können etwas planen und dafür
beten. Es wird aber nur dann gelingen, wenn Gott die Zeit für gegeben hält.
Wenn meine Projekte auf Widerstand stossen oder misslingen, dann war die
Zeit noch nicht reif für sie.
Versuchen wir im Leben die Dinge zu beschleunigen, geben wir uns mit
unreifen Früchten zufrieden. Wir lassen sie nicht so wunderbar werden, wie
Gott sie gedacht hat und nehmen dabei in Kauf, dass sie kaum schmecken. Das
Resultat unserer Hast stimmt zwar in seiner Form, aber es entspricht nicht
unserer Erwartung; ja es enttäuscht.
Wer warten kann und achtsam bleibt, wird im rechten Moment handeln. Die
Früchte fallen dann ihr oder ihm beim Pflücken wie von selber in die Hand.
Die so gewonnenen Früchte des Lebens schmecken süss und herrlich.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
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Weg-Wort vom 2.Juli 2009
Neid
Ich bin einer, dem im Leben vieles misslungen ist. Ich habe immer das
Gefühl, andere hätten mehr Erfolg, sie kämen besser weg. Und da packt mich
manchmal, ohne dass ich es will, der Neid. - Wie kann ich diese nagenden
Gefühle loswerden?
Neid, Eifersucht und Missgunst sind keine schönen Charaktereigenschaften und
können den Betroffenen das Leben ganz schön schwer machen. Nicht nur dass
sich Neid einfach mies anfühlt. Es bringt einem auch keine Sympathie-Punkte
ein, wenn man selbst Freunden alles missgönnt.
Unsere Frage ist: Wie können wir diese bösen Neidgefühle, die immer wieder
in uns aufsteigen und unsere mitmenschlichen Beziehungen vergiften,
loswerden?
Ein erstes wäre wohl, dass wir unsere Brille putzen und klar zu sehen
versuchen. Wenn wir uns mit anderen vergleichen, sehen wir nämlich oft nur,
was die oder der andere an Vorzügen und Erfolg hat. Wir sehen nur, was der
andere mehr hat oder kann als wir selber. Und wir übersehen völlig, was uns
selber geschenkt ist an Gesundheit, Freundschaft, Freiheit und
Annehmlichkeiten.
Wir sehen, was die anderen haben und bemerken nicht, was ihnen fehlt. Er hat
vielleicht ein grösseres Sparkonto als ich, aber er ist kränklich. Sie hat
ein besseres Aussehen als ich, aber sie ist unglücklich.
Wenn wir dankbar sehen, was wir selber haben, und zugleich nüchtern
feststellen, was dem anderen, den wir beneiden, auch fehlt, und gleichzeitig
bedenken, dass alles, was wir und andere haben, letztlich ein Geschenk ist,
-dann hat wohl niemand mehr Grund, einen Mitmenschen ernsthaft zu beneiden.
Dann lernen wir vielleicht, uns über das, was Gott anderen schenkt und durch
andere wirkt, ebenso zu freuen wie über das, was uns selber geschenkt ist.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Susanne Wey, Beat Schlauri
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Weg-Wort vom 9. Juni 2009-06-29
Wahrhaftigkeit
Der HERR ist nahe allen, die ihn anrufen,
allen, die ihn wahrhaft anrufen. Amen (Psalm 145,18)
Amen, meint: so sei es - so ist es - so habe ich es wahrhaftig erfahren -
das glaube ich. Mit dem Wort Amen bestätigen wir also, dass wir dem
zustimmen, was für uns eine Gewissheit geworden ist.
Die Wahrhaftigkeit ist die kluge Schwester der Wahrheit. Wenn wir etwas als
wahr erkannt haben, dann steht die Wahrhaftigkeit bereit. Aber sie kann uns
erst dann bei der Hand nehmen, wenn wir uns die Erkenntnis zu eigen gemacht
haben und sie Teil unseres Herzens geworden ist.
Die Wahrhaftigkeit ist eine wichtige menschliche Tugend. Ohne sie hat die
Seele im Reich des Göttlichen keinen Erfolg. Wahrhaft sein, besonders mit
sich selber, heisst:
- sich nichts vormachen,
- ertragen wer und was man ist,
- auch dann, wenn wir uns so nicht gefallen.
Dann lässt uns die Wahrhaftigkeit spüren, wo wir Gott finden. Sie zeigt,
welche Eigenschaften wir verfeinern könnten und welche Macken wir ablegen
sollten. Sie ist interessiert an unserem Wohlergehen und unserer
Entwicklung. Sie weiss, was wir brauchen, damit das Leben besser gelingen
kann.
Die Wahrheit allein kann uns nicht befreien; erst der Wille dazu, unser
Leben nach ihr auszurichten, macht uns wahrhaftig. Die Wahrheit muss also
Teil von uns werden, damit wir wahrhaftig sein können. Im Johannesevangelium
sagt Jesus von sich: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Die
Lehre Jesu wird aber erst dann wahr, wenn sie Platz in unserem Herzen hat
und wir wahrhaftig sind.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Susanne Wey, Beat Schlauri
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