Weg-Wort vom 29. Januar 2010
Sich wehren
Manchmal wundere ich mich, wie wenig Menschen kämpfen. Sie lassen alles
einfach über sich gehen, wehren sich nicht. Ja, es gibt sogar solche, die
sich in ihrem Leid geradezu wohl fühlen. Und wenn sie mir davon berichten,
dann erstaunt mich immer wieder, wie viel Kraft sie haben, aber diese Kraft
auf keine Weise anzapfen und einsetzen.
Viele Hühner können auch einen Fuchs in die Flucht schlagen! Dieses
Sprichwort hat uns der Turnlehrer immer vorgesagt, wenn wir als
Spielmannschaft die letzten Kräfte mobilisieren mussten. Noch mehr motiviert
mich aber die Geschichte von Jakobs Ringkampf mit dem lieben Gott am Jabbok.
Und er (Gott) sah, dass er ihn (Jakob) nicht bezwingen konnte, und berührte
sein Hüftgelenk, so dass sich das Hüftgelenk Jakobs ausrenkte, als er mit
ihm rang. Und er (Gott) sprach: Lass mich los, denn die Morgenröte ist
heraufgezogen. Er (Jakob) aber sprach: Ich lasse dich nicht, es sei denn, du
segnest mich. (Gen 32.26f)
Eine Mut machende Geschichte! Sogar mit Gott dürfen wir kämpfen mit der
Aussicht, ihm etwas abzuringen. Um wie viel mehr sollen wir in unserem Leben
alles versuchen, um einen Schritt weiter zu kommen, um Leid zu verringern,
und wo es nicht gelingen kann um mit Leid leben zu lernen.
Sich regen bringt Segen - sagt das Sprichwort. Sich nicht alles gefallen
lassen, sich wehren, neue Wege, neues Verhalten versuchen, eine neue
Umgebung, eine andere Arbeit, einen anderen Arzt oder Therapeuten. Das, was
wir anders machen können, zeigt uns den Weg zur Befreiung auf.
Und sich Hilfe holen, sich auch einmal ein Stück weit leiten lassen, oder
einfach nur das dringend anstehende Gespräch von einem neutralen
Gesprächsleiter moderieren lassen. Ich wünsche ihnen dazu allen Mut und
Gottes Segen auf den Weg zu mehr Glück, Freude und Freiheit.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
info(a)bahnhofkirche.ch
www.bahnhofkirche.ch
Weg-Wort vom 27. Januar 2010
Durch die rosarote Brille betrachtet
Ein herrlicher Tag war das neulich! Die Sonne schien bereits am Morgen ins
Zimmer, Vögel zwitscherten. Ich glaubte, einen Hauch von Frühling zu spüren,
und das weckte alle meine Lebensgeister. Ein Glücksgefühl durchströmte mich.
Die Arbeit ging mir leicht von der Hand. Auch die ungute Nachricht konnte
mich zunächst nicht aus der Fassung bringen. Ich sah einfach alles positiv,
wo ich sonst die rabenschwarze Brille aufgehabt hätte. Doch die schlechte
Nachricht liess sich weder schönreden noch verdrängen. Der farbige Filter,
der alles in ein rosiges Licht getaucht
hatte, verblasste zusehends. Mein Blick durch die rosarote Brille hatte
leider nur die eine Hälfte der Wirklichkeit abgebildet. Meine Wahrnehmung
war kein Abbild der Realität, sondern meine eigene Konstruktion aus meiner
subjektiven Perspektive.
Weitreichend sind die Auswirkungen des Blickes durch die rosarote Brille,
wenn
wir enttäuscht sind von Menschen, von unserem Beruf oder gar enttäuscht über
uns selbst, unser Versagen und Scheitern. Das Leben ent-täuscht uns nämlich
immer wieder. Enttäuschungen führen oftmals zu Resignation und Verbitterung.
Träume werden aufgegeben, wir sind auf der ganzen Ebene desillusioniert. Die
Ent-täuschung will uns von den Illusionen befreien, die wir uns gemacht
haben über uns selbst. Sie reisst uns die rosarote Brille vom Gesicht und
gibt den Blick frei auf die Wahrheit unseres Lebens. Nüchtern betrachtet
wird diese Wahrheit zunächst zwar wehtun, aber sie lässt uns weiter sehen
und tiefer. Denn mit Selbsttäuschung zu leben macht uns auf Dauer nicht
glücklich.
Es ist wie bei Frischverliebten: Sie sind dermassen überwältigt von
Glücksgefühlen, dass ihr Blick durch die rosarote Wolke zu getrübt ist, um
den andern so zu sehen und wahrzunehmen, wie er wirklich ist. Nach und nach,
wenn die Phase der ersten Verliebtheit vorüber ist und der Alltag Einzug
hält in die Beziehung, kommt die Ernüchterung: Die Einschätzung des
geliebten Menschen war falsch. Jetzt aber ist Zeit für Korrekturen, denn die
Enttäuschung hebt die Täuschung auf und ist die Chance, das wahre Wesen
eines Menschen zu entdecken, das Bild, das Gott sich von ihm gemacht hat.
Dann hat die Lebensrealität etwas Befreiendes, denn so darf jeder Mensch der
sein, der er ist. Ohne Idealisierung, dafür in seiner Einmaligkeit.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
info(a)bahnhofkirche.ch
www.bahnhofkirche.ch
Weg-Wort vom 27.01.2010
Kraft schöpfen aus der Ruhe
Wie geht es Ihnen heute Morgen? Konnten Sie gestern ein wenig chillen und
fühlen sich so richtig relaxed? Sagt Ihnen chill out überhaupt etwas? Mir
war dieser englische Ausdruck bis vor kurzem fremd. Heute ist das Wort in
aller Munde, und vor allem Junge chillen wahnsinnig gern. Im ursprünglichen
Wortsinn bedeutet chillen abkühlen. Man könnte auch sagen, einen Gang
runterschalten oder sogar ganz abschalten,
zur Ruhe kommen. Wenn ich es tatsächlich schaffe loszulassen, und zwar
gerade dann, wenn besonders viel auf mich einstürmt, die Arbeit für einen
Moment ruhen zu lassen, durchzuatmen, dann kann ich entspannen. Geht es
Ihnen auch so? Was bedeutet für Sie Ruhe?
Als ich bei einem Spaziergang die verschneite Bank sah, dachte ich natürlich
nicht etwa daran, mich darauf zu setzen, um abzukühlen. Aber sie machte
mir meine Sehnsucht nach Ruhe bewusst, nach dem Bedürfnis, leer zu werden,
um so hineinhorchen zu können in die Tiefe meiner Seele. Um mich selbst
wieder besser zu spüren. Um die Anspannung loszuwerden, unter der ich gerade
stand. Der Schnee auf der Bank, auf der Erde und den Büschen umhüllt alles
mit einer dicken Schutzschicht. Geräusche werden gedämpft, der Lärm
geschluckt. Vor allem der Verkehrslärm auf den Strassen. Die Welt wird
leiser. Bei hellwachen Sinnen kommt es mir vor, als würde ich einen kurzen
stärkenden Winterschlaf machen.
Die Bank lädt mich zum Meditieren ein, zum Betrachten. Indem ich mich ganz
auf das Bild konzentriere, spüre ich, wie ich ruhig werde. Was ich eben noch
unter dringend zu erledigen einstufte, rutscht in der Prioritätenliste
nach hinten. Ich schliesse die Augen, nehme das Kommen und Gehen des Atems
wahr, spüre, wie der Sauerstoff Kraft in meine Lunge pumpt. Ich bekomme den
Kopf frei.
Dasselbe kann geschehen, wenn wir uns für ein paar Minuten in eine Kirche
setzen: Sobald die Tür hinter uns ins Schloss fällt, bleibt der Lärm
draussen. Nichts und niemand stört mehr oder lenkt ab. Da ist ein Raum, der
einlädt, in der Stille mit uns selbst in Kontakt zu kommen, mit allen Seiten
unseres Lebens, und Gott dieses Leben hinzuhalten: Mich loslassen und in
dein Herz fallen. Vertrauen, und mein Leben auf Dich setzen. Auf Jesus
schauen und mich nach ihm richten. Ins Dunkle gehen und mit dir rechnen. Das
will ich, mein Gott, und alles. (A. Rotzetter)
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
info(a)bahnhofkirche.ch
www.bahnhofkirche.ch
Weg-Wort vom 25. Januar 2010
Mit Erfolg und Niederlage leben können
Und so schliesst er messerscharf,
dass nicht sein kann, was nicht sein darf.
So sagt es Christian Morgenstern und trifft den Nagel auf den Kopf für
vieles, was ich in der Seelsorge höre.
Das ist eines meiner wichtigsten Prinzipien im Leben: Vor jeder
Entscheidung, bei jeder Planung versuche ich mir den besten und
schlechtesten Fall, der eintreten könnte, vorzustellen. Und ich entscheide
mich nur, wenn ich sowohl mit dem besten wie auch mit dem schlechtesten Fall
leben könnte. Ich müsste mit dem Erfolg wie mit der Niederlage leben können.
Wenn das nicht möglich ist, muss ich weiter, vorsichtiger und genauer an
meiner Planung arbeiten.
Ich möchte nie sagen müssen so weit es in meinen Möglichkeiten liegt -:
Das darf doch nicht wahr sein! Damit das nicht geschieht, muss ich
unvoreingenommen, ehrlich, schonungslos und genau ins Hier und Jetzt und in
die Zukunft schauen. Vielleicht muss ich mich auch mit anderen Menschen
darüber austauschen, ihren Rat, ihre Sachkenntnis und ihre Erfahrungen
einholen.
Ich möchte vorbereitet sein auf alles, was kommen kann. Und ich möchte mit
all dem, was kommen kann, leben können. Darum ist es auch für mich wichtig,
dass ich wahrnehme, was für ein Geschenk es ist, dass ich jeden Tag wieder
gesund aufstehen kann. Und es ist wichtig, dass ich wahrnehme, dass
Krankheit und Unfall, auch der Tod mich jeden Tag treffen können. Mit meiner
Dankbarkeit für das Gute und dem Vertrauen auf Gott wird es mir gelingen,
auch damit fertig zu werden.
Nur so kann ich das Potential an negativen Überraschungen so klein wie
möglich halten. Nur so komme ich so selten wie möglich zur Formulierung
dessen, was Christian Morgenstern so gut gesagt hat.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
info(a)bahnhofkirche.ch
www.bahnhofkirche.ch
Weg-Wort vom 21. Januar 2010
Boni eine Mehrzahl von Bonus
In der Schule habe ich gelernt, dass bonus gut heisst, sein Gegenteil malus
schlecht. In Wikipedia habe ich eine Erklärung für ein Bonus-Malus-System
gefunden. Unter Bonus-Malus-Regelung versteht man ein System, das mit
positiven und negativen Anreizen das gewünschte Verhalten erreichen möchte
und somit eine Art der "Steuerungs-funktion" ausübt. Und soweit habe ich
begriffen, dass ein Bonus ein finanzielles Lob für gute Arbeit sein soll
ein Malus ein finanzieller Tadel.
Am Sonntag habe ich in der Zeitung gelesen, dass eine Grossbank ihren
Mitabeitern ein finanzielles Lob in der Höhe von ca 4 Milliarden Franken
auszahlen wird, das liegt etwa in der Höhe des zu erwartenden Verlustes für
das Jahr 2009. Ich verstehe da die Welt nicht mehr: Für einen Verlust ein
Lob zu erhalten das finde ich daneben. Man wird mir sagen können, dass ich
als Nicht-Fachmann das nicht begreife. Das mag wohl stimmen aber ich weiss
noch, was gut und was schlecht ist.
Zudem habe ich auch in Wikipedia etwas gefunden, was mich verstehen lässt,
wie das mit den Boni so geht: Bonus sei auch eine Kartoffelsorte, hiess es
da. Und weil Sie wie ich das Sprichwort kennen, Die dümmsten Bauern haben
auch die grössten Kartoffeln. hilft das mir zu verstehen, was es mit den
Boni so auf sich hat. Ich rede hier nicht von Bauern, die bei immer
grösserer Arbeitszeit immer weniger verdienen dabei würden sie Boni
verdienen. Ich rede von Menschen, die ich in ihrem Verhalten einfach nicht
mehr begreife, die, so befürchte ich, vergessen haben, was gut ist und was
schlecht.
Ich bin fest davon überzeugt, dass jede Arbeit ihren Wert hat und dass sie
so entlöhnt werden muss, dass der Lohn einerseits den Wert der Arbeit
spiegelt, andererseits, dass vom Gesamteinkommen eine Familie mindestens
anständig leben kann.
Und auch davon bin ich überzeugt, dass ab einem gewissen Einkommen wir nicht
mehr von Verdienst reden dürfen, auch nicht von Lohn, sondern ein anderes
Wort dafür brauchen müssten. Irgendetwas mit Privat aber mit der
ursprünglichen Bedeutung: Geraubt. Denn verdient wird ein Einkommen ab einer
gewissen Grösse nie man bekommt es höchstens. Lernen wir doch wieder das
ethische Einmaleins: Gut ist Gut und Schlecht ist Schlecht.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
info(a)bahnhofkirche.ch
www.bahnhofkirche.ch
Weg-Wort vom 20. Januar 2010
Personen und Masken
Da fragt doch Richard David Precht in seinem philosophischen Buch: Wer bin
ich und wenn ja, wie viele? - und Ödön von Horwath sagt: Eigentlich bin ich
ganz anders, nur komme ich so selten dazu. Ja, wer bin ich? Vielleicht geht
es Ihnen auch so, dass Sie, kaum aus dem Haus ein Anderer sind ein anderes
Gesicht, eine andere Stimmung, extra maskiert für die Welt da draussen. Die
Maske schützt, verhindert, dass zu viel nach aussen dringt, was einen bewegt
und belastet. Man will sich ja nicht aufdrängen und die Angehörigen haben
die Leidensgeschichte schon hundert Mal gehört und jetzt einfach genug
davon. Ja und andere belasten. Das wollen die meisten auch nicht. Viele
Menschen sind bereit da und dort zu helfen und zu unterstützen, aber Hilfe
annehmen, da hapert es. Und so ist es wieder Zeit die Maske dessen
überzuziehen, der alles im Griff hat, sein Leben meistert und man lieber mit
mehrfach gebrochener Seele, erdrückt von Problemen durch das Leben humpelt ,
kriecht maskiert natürlich, weil Seelisches kann viel länger versteckt
werden, als körperliche Leiden. Wer bin ich denn: Bin ich der, dessen Seele
nach Hilfe schreit, oder der, der lieber untergeht. Ist die Maske, die ich
aufsetze vielleicht noch das einzige, das mir Identität und ein Gefühl für
mich selbst verleiht, wenn auch ein wages?
Ich brauche also die Maske, um mich aus was für Gründen auch, nicht zu
offenbaren, nicht zu zeigen. Das tun auch solche, die Übles vorhaben. Sie
wollen nicht erkannt werden.
Mindestens einer tut das trotzdem: Er braucht Masken, aber bei ihm oder ihr
reden wir dann weniger von Masken, eher von Rollen, in der Theologie von
Personen, in denen sich Gott zeigt: als Vater, Sohn und Heiliger Geist. Gott
braucht sie, um seine Zuwendung uns verständlich, sichtbar und deutlich zu
machen. Seine Identität dringt durch und stiftet auch mir die Identität, die
ich brauche: Ein Mensch nach seinem Bilde. Nicht schlecht?
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
info(a)bahnhofkirche.ch
www.bahnhofkirche.ch
Weg-Wort vom 19. Januar 2010
Wurzeln
Kennen Sie noch Menschen, die am gleichen Ort geboren und aufgewachsen sind,
zur Schule gegangen, geheiratet haben, ein ganzes Leben dort verbracht und
in dem Haus gestorben sind, in dem er oder sie auf die Welt gekommen ist.
Sie sind selten geworden in unserer Zeit, in der Bewegung ganz gross
geschrieben ist. Und doch wissen wir, dass Wurzeln haben und verwurzelt sein
ein grosses Gut ist.
Nur, wie gehen wir in unserer Mobilitätsgesellschaft mit unserem
Flexibilitätswahn damit um. Es hat fast schon System, Menschen in Trab zu
halten. Entschuldigung, natürlich in Bewegung und Bewegung ist gesund
wenigstens zu Fuss. Aber, wer so auf Trab gehalten wird wie wir, der kann
vom politischen oder wirtschaftlichen Wind einfach mal dahin oder mal
dorthin getragen werden und meint oftmals, dass es ein gewollter
Standortwechsel gewesen sei. Wer nicht mehr verwurzelt ist, ist wie
Flugsand, wie eine Schneeverwehung.
Wollen wir das denn, so ohne Verwurzelung sein. Eigentlich nicht, denn wer
ohne Wurzeln ist, steht einfach in Gefahr herum geschubst zu werden. Und
dann frage ich mich, wo kann einer in einer solch bewegten Zeit, mit einem
äusserst bewegten Leben verwurzelt sein, damit er sich nicht verliert.
Bleibt Gott die einzig vernünftige Lösung?
Grundsätzlich kann ich als Mensch, als Baum, als Pflanze nur dort wurzeln,
wo ich auch den passenden Boden, die rechte Nahrungszufuhr und auch die
entsprechend hilfreichen Licht- und Wetterbedingungen habe. Und zudem denke
ich beim Wort Wurzeln an den einen Standort, dem ich verbunden bleibe
das widerspricht völlig dem Musst halt flexibel sein oder dem stolzen Ich
bin halt flexibel.
Jesaja sagt einmal: Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht! Gott ist in der
israelitischen Erfahrung der, der mitgeht: Einer also, der in der
persönlichen Geschichte, wie auch in derjenigen des Volkes, sich als der
Gott erweist, der nicht einem Ort verpflichtet ist, sondern seinen Menschen.
Er ist und bleibt bei ihnen. Sind meine Wurzeln in Gott und geht der mit,
kann mich so mancher Sturm nicht aus der Fassung bringen, nicht entwurzeln,
meine Bodenhaftung ist eine ganz andere und die Wogen dieser Welt können
mich nicht mehr so sehr ängstigen. Ich habe meinen Boden, in dem ich wurzle
eigentlich ganz vernünftig: Ich glaube, darum bleibe ich: standhaft,
orientiert, verwurzelt aber auch widerständig dieser Welt gegenüber.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
info(a)bahnhofkirche.ch
www.bahnhofkirche.ch
Weg-Wort vom 15. Januar 2010
Wasser in der Wüste
Wasser lernen wir in der Regel als einen Segen kennen, denn ohne geht es
nicht.
Lange schon sind die Zeiten vorbei, in denen Flüsse über die Ufer getreten
sind und ganze Landstriche verwüstet haben. Das haben wir alle gemeint. Aber
jetzt ist es schon wieder Alltag, dass wir von Überschwemmungen hören und
lesen und auch schon betroffen worden sind. Wasser hat seine Tücken und wir
haben diese in den letzten Jahren wieder kennengelernt, aber auch das
Gegenteil, Hitze und ungewohnte Trockenheit. Dass wir beruhigt zurücklehnen
könnten, weil alles kanalisiert und kontrolliert ist, damit ist es vorbei.
Klimawandel. Wasser wird je länger je mehr zum Thema, seine Fülle und sein
Mangel. Den sehen wir vor allem in der Wüste, die danach lechzt, getränkt zu
werden. Auch dort ist Wasser in Massen nicht gern gesehen, es überschwemmt
nämlich alles und wird seinem Ruf, Wasser des Lebens zu sein, keineswegs
gerecht. Wasser ist und bleibt gefährlich, wenn es fehlt und wenn es
überflutet. Denken Sie an die biblische Sintflut: Eine Urerfahrung der
Menschheit.
Und doch brauche ich Wasser. Ich brauche es wie ich Liebe, Unterstützung,
motivierende Worte brauche: Ich brauche Wasser des Lebens, das meine
Lebensdürre in einen blühenden Garten verwandelt: Jesaja berichtet davon:
über den Durstigen werde ich Wasser giessen und Bäche über die
Trockenheit. Meinen Geist werde ich ausgiessen über deine Nachkommen und
über deine Nachfahren meinen Segen, und sie werden spriessen zwischen dem
Gras wie Weiden an Wasserläufen (Jesaja 44,3). Das brauche ich. Und wenn
ich wählen kann, dann will ich es portionenweise, dass das Lebenswasser mich
nicht ertränkt, sondern ernährt, mir den Durst nimmt und mich nicht
wegschwemmt.
Wasser des Lebens hat so seinen ganz speziellen Charakter: Es ist Wasser,
das zur richtigen Zeit, am richtigen Ort in der richtigen Menge kommt.
Halten wir es mit der Liebe, guten Worten doch auch so - Nicht in Liebe
ertränken, nicht durch gutgemeinte Unterstützung lähmen, nicht mit Worten in
den Himmel loben, sondern schenken, was nötig ist, was gebraucht wird, damit
Menschen aufblühen können. Und wenn wir es so halten, dann sollten wir es
täglich tun, das mit der Liebe, der Unterstützung und den guten Worten. Eben
so, wie wir es auch gern haben.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
info(a)bahnhofkirche.ch
www.bahnhofkirche.ch