Das Weg-Wort - Werktagsgedanken aus der Bahnhofkirche Zürich!
Weg-Wort vom 28. September 2020
Glück
Wie kommen wir dahin glücklich zu sein? Ein Bildwort des indischen
Jesuiten Anthony de Mello, der christlichen Glauben mit östlicher
Weisheit verband, schenkt uns einen bedenkenswerten Hinweis:
„Das Glück ist ein Schmetterling.
Jage ihm nach, und er entwischt dir.
Setz dich hin, und er lässt sich
auf deiner Schulter nieder."
Es gibt über das Glück ja viele Sprichwörter. Manche unterstreichen
dessen Unverfügbarkeit und Vergänglichkeit, etwa „Glück und Glas, wie
leicht bricht das." Andere betonen den eigenen Beitrag, den man zum
Glücklichsein zu leisten hat, wie „Jeder ist seines Glückes Schmied."
Das Bild vom Schmetterling erscheint mir passend, um Eigenschaften des
Glücks zu verdeutlichen. Schmetterlinge sind zarte und empfindliche
lebendige Wesen. Einen auf Dauer festhalten zu wollen, würde ihn
kaputtmachen. Überhaupt ist er mit aller Anstrengung kaum einzufangen,
und es besteht die Gefahr, dass man stolpert und zu Boden fällt. So
führt die hektische Jagd nach dem Glück eher von diesem weg.
Für mein Glück kann ich dennoch einiges tun. Ich kann ihm Raum schaffen
und meine Seele zur Ruhe führen. Solange mich der Verstand auf Trab
hält, vor allem durch Ablenkungen, Ängste und Urteile, wird das Glück
bei mir nicht landen. Übe ich, mich von Erwartungen und Mangeldenken zu
lösen, im Hier und Jetzt aufmerksam und sachte zu sein, dann entdecke
ich mehr und mehr Gutes, das ich bereits habe. So unkomfortabel Stille
anfänglich sein mag: Sie ist die Tür zur Erkenntnis, dass Glück mir
immer ganz nahe ist.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
Bild von Frank Winkler auf Pixabay
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Weg-Wort vom 24. September 2020
Wollen
„Mach doch, was du willst!" Wie unterschiedlich kann dieser Satz
klingen: Er kann Ausdruck der Enttäuschung sein, wenn alle Gespräche mit
einer Person fruchtlos blieben, und man sie schliesslich resigniert sich
selbst überlässt. Ein Kind kann es als Freipass verstehen, endlich
seinen Gelüsten freien Lauf zu lassen, den ganzen Tag am Fernseher zu
sitzen oder alle Gummibärchen auf einmal aufzuessen.
„Tu, was du willst." Das klingt nach verlockender Freiheit. Aber was ist
mein Wollen eigentlich? Wann bin von meinen Launen und Bedürfnissen
gesteuert? Wann übernehme ich, was andere mir vorgegeben haben? Wann
kommt das Wollen ganz tief aus meinem Inneren? Was will ich wirklich?
Michael Ende erzählt in „Die unendliche Geschichte" von Bastian, dem ein
gleichnamiges Buch in die Hände fällt. Darin muss sich der mutige
Indianerjunge Atréju gefährlichen Abenteuern stellen. Im Verlauf gerät
Bastian selbst wundersam in die Geschichte und findet sich im
Tausend-Türen-Tempel wieder, der aus lauter Räumen mit verschieden
gestalteten Türen besteht. Zuerst folgt er einfach seiner Lust und Laune
und muss einsehen, dass er so nie den Ausgang finden wird. Als er merkt,
was er wirklich will, nämlich Atréju begegnen, und den entsprechend
Türen folgt, gelangt er an den richtigen Ort.
Die oberflächlichen Launen sowie die vielen Einflüsse um mich herum
beiseitezulassen, das macht den Blick frei auf das, was ich eigentlich
will. Und aufmerksame kleine Schritte werden mir zeigen, ob es in die
richtige Richtung geht. Der heilige Augustinus sagte: „Liebe, und tu,
was du willst." Zu lieben ist wohl der beste Ausgangspunkt für unser
Wollen und unsere Freiheit.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
Bild von Pierre Blaché auf Pixabay
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Weg-Wort vom 18. September 2020
Verbindende Herausforderung
Nationalhymnen haben etwas Zweischneidiges. Sie sollen die Verbundenheit
mit dem eigenen Heimatland stärken, und scheitern daran nicht selten,
weil Menschen die Melodien und Texte als altmodisch oder als einseitig
die Nation verherrlichend empfinden. Das nahm in der Schweiz die
Gemeinnützige Gesellschaft zum Anlassen, einen Wettbewerb zur Erneuerung
der Hymne auszuschreiben. 2015 wurde der Text von Werner Widmer als
Sieger gewählt:
Weisses Kreuz auf rotem Grund,
unser Zeichen für den Bund:
Freiheit, Unabhängigkeit, Frieden.
Offen für die Welt, in der wir leben,
lasst uns nach Gerechtigkeit streben!
Frei, wer seine Freiheit nützt,
stark ein Volk, das Schwache stützt.
Weisses Kreuz auf rotem Grund,
unser Zeichen für den Schweizer Bund.
Die Melodie bleibt die gleiche, die 1841 der Zisterziensermönch Alberich
Zwyssig komponiert hatte. Sein Schweizerpsalm war als verbindendes Lied
gedacht, welches für Menschen jeglicher Konfession singbar sein sollte.
Heute kommt er so manchem Zeitgenossen zu religiös und gottbezogen vor,
was nicht zu einem modernen bekenntnisneutralen Staat passe.
Im neuen Text wird daher Gott nicht mehr direkt angesprochen, und manche
mögen das bedauern. Doch bezieht sich die Hymne deutlich auf die Werte
der Schweizer Verfassung, welche wiederum auf christlichen Grundsätzen
fusst. Es ist eine Hymne, die Mensch und Gemeinschaft herausfordert und
zugleich auch verbindet. Und dieses Anliegen liegt auch hinter dem
Bettag, den wir am kommenden Sonntag feiern.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
Bild von Thomas Zbinden auf Pixabay
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