Weg-Wort vom 28. Mai 2010
Immer wieder Sonntag
Eines Tages kamen die Tiere zusammen, weil auch sie Sonntag haben wollten.
Der Löwe erklärte: Wenn ich eine Gazelle verspeise, ist für mich Sonntag.
Das Pferd meinte: Mir genügt eine weite Koppel, damit ich ausgiebig
galoppieren kann. Das Faultier gähnte: Ich brauche einen dicken Ast, um zu
schlafen.
Der Pfau sagte: Für meinen Sonntag genügt mir ein Bund neuer
Schwanzfedern. Alle Wünsche der Tiere erfüllten sich, aber es wurde unter
ihnen kein Sonntag. Da kamen Menschen vorbei und lachten: Ja wisst ihr denn
nicht, dass es nur Sonntag wird, wenn man mit
Gott wie mit einem Freund spricht?
Diese Geschichte nach einer afrikanischen Sage gefällt mir.
Ich glaube nämlich, dass die Tiere mit ihrem Verhalten recht gut unser
eigenes Tun wiederspiegeln und auch unser Gefühl, wenn wir an den
Sonntag denken. Wir essen gut, machen einen Ausflug oder frönen dem süssen
Nichtstun. Und das ist gut so. Aber oft packen wir den Sonntag voll mit
Aktivitäten und Dingen, für die während der Woche keine Zeit bleibt. Da
erinnere ich mich dann gern an einen Spruch aus meiner Kindheit:
Der Sonntag ist der Tag des Herrn, am Sonntag ruh und bete gern.
Der Sonntag ist ein Gottesgeschenk. Wir brauchen mindestens einen Tag in der
Woche, an dem wir mal einen Gang runter schalten, langsamer fahren können,
um zur Ruhe zu kommen. Das ist dringend nötig. Genauso nötig ist es aber,
dass wir uns der ganzen Bedeutung des Sonntags bewusst sind. So lautet das
dritte Gebot: Du sollst den Tag des Herrn heiligen. Was aber
geheiligt ist, das wird aus dem Umkreis des Alltäglichen herausgenommen. Der
siebte Tag ist geschenkte Zeit; Raum, um den Sonntag als freien Tag zu
gestalten. Dabei sollten wir Gott als Ursache für den Sonntag nicht aus den
Augen verlieren. Er schenkt uns mit diesem freien Tag die Möglichkeit für
Besinnung, für Begegnung und Gemeinschaft, für Entspannung und Ruhe.
Gott sei Dank.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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Weg-Wort vom 27. Mai 2010
Grenzerfahrungen
Kennen Sie dieses Sätzchen, das entweder als tiefe Selbsterkenntnis oder als
guter Ratschlag geäussert wird: Ich muss lernen dich abzugrenzen oder eben
Du musst halt lernen, dich abzugrenzen. Alles toll, aber dass bei all
der gut gemeinten Abgrenzerei doch nicht alles koscher ist, beweist mein
Verschreiber oben, oder der Spruch, den ich immer mithöre, wenn von
Sich-Abgrenzen die Rede ist: Den Letzten beissen die Hunde. Irgendjemand
bezahlt die Rechnung, ich bin es sicher nicht, ich hab mich ja abgegrenzt,
geschützt. Dazu kommt die Erfahrung, dass solche, die sich so gut zu
schützen und abzugrenzen wissen, sich kaum um die Grenzen anderer kümmern.
Da gibt es Menschen, die wissen sich und ihren eigenen Arbeitsbereich sehr
gut zu schützen: Wehe, es trampt einer rein. So heilig ihnen der eigene Raum
ist, so hemmungslos spielen sie auf fremden Plätzen. Man ist ja grosszügig
und Gärtchendenken ist einem fremd.
Grenzen sind nicht so schlecht, sie halten einen zusammen, Grenzerfahrungen
sind wichtig. So, wie die KonfirmandInnen in unserm Lager auf einen ca 10m
hohen Masten, zuoberst auf die Plattform (50x50cm) geklettert und dann von
dort zu einem wenige Meter entfernten hängenden Trapez gesprungen sind. Alle
haben es geschafft ausser einem, und der machte die Erfahrung, dass er, als
er vom Podest aus sprang und das Trapez verfehlte, nicht zu Boden stürzte,
sondern in die Sicherung. Er wurde gehalten.
Solche Grenzerfahungen sind wichtig, die bringen einen weiter, weil es da um
die Entwicklung der eigenen Person geht, um mehr von sich kennen zu lernen.
Auch, dass in solchen Momenten die Sicherungen funktionieren, und man nicht
ungebremst zu Boden stürzt, ist eine zentrale Erfahrung. Aber ob man diese
Selbsterfahrungssache meiner KonfirmandInnen so eins zu eins in die
Arbeitswelt übertragen darf, da habe ich meine Zweifel. Gut wäre es, sehr
gut sogar. Ob es so ist bei all der Abgrenzerei? Oder, ob es so wird, dass
hängt auch von uns ab, davon, wie wir uns in unserm Lebensalltag einsetzen,
wie wir unsere Verantwortung als Menschen am Arbeitsplatz und in der
Gesellschaft wahrnehmen.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
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Weg-Wort vom 26. Mai 2010
Wenn ich an meine Mutter denke
dann erinnere ich mich gern auch an ihre Worte Petit à petit loiseau fait
son nid. Schritt für Schritt macht der Vogel sein Nest oder Eins nach
dem Andern. Ein Wort gegen das Überspringen von Stufen. Ich höre sie das
sagen und weiss, dass es mich am Meisten angeht. Wie oft renne ich, mache 5
Dinge gleichzeitig und meine, es ginge alles auf. Wie oft konnte ich mich
nicht zurückhalten und habe nur schon beim Treppensteigen Stufen
übersprungen und bin hin und wieder, die Treppe hinaufgefallen hinunter
erst einmal. Und die grösste Verletzung habe ich mir beim Hinauffallen zu
gezogen. Überhaupt kein Schritt für Schritt - immer noch nicht. Auch heute
noch bringe ich es fertig, Termine so aneinander zu legen, dass es weh tut
und Atemlosigkeit Programm ist.
Aber auch das andere kenne ich, das bewusste Schritt für Schritt-Gehen, eine
Treppenstufe nach der andern. Obwohl ich das Gefühl nicht loswerde, ich sei
damit langsamer, bin ich schneller, gründlicher. In der Petit à
petit-Technik wird die Hektik, in der ich mich zu verlieren oder zu
verletzen drohe, ausgebremst.
Ich brauche meine Zeit für das, was ich vorhabe und nicht dazu meine Wunden
zu lecken, oder den Schaden zu begrenzen. Ich werde ja nicht gleich zum
Faulpelz, wenn ich eins nach dem andern erledige. Aber das hektische Gefühl
ist weniger stark und die damit verbundene Unruhe.
Sie wissen ja selbst, wie schnell aus einem Gehetze ein Unfall entsteht. Und
wer rechnet dann diese Zeit?
Eins nach dem andern, ruhig und konzentriert, das geht am Schnellsten.
Am besten man beginnt gleich mit dem Training. Denn, wenn man das nicht
gewohnt ist, dann braucht es Übung, Übung, und nochmals Übung.
Am besten fang ich selber gleich wieder an damit und dieses Wegwort hilft
mir dabei die Worte meiner schon lange verstorbenen Mutter erneut zu
beherzigen, immer noch und immer wieder auf sie zu hören.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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Weg-Wort vom 25. Mai 2010
Pfingsten ist vorbei was nun?
Nach der Zeit der Feste, die festlose Zeit. Nach Pfingsten kommt der Alltag.
Und der wird immer schneller und schneller. Geschwindigkeit hat ja schon
etwas Elektrisierendes, etwas Berauschendes an sich. Wie herrlich an einem
schönen Tag auf dem Motorrad übers Land zu fahren, über Pässe und durch
Täler oder im Cabriolet, sich den Wind durch die Haare wehen zu lassen. Das
Gefühl von Freiheit , von Ungebundenheit kommt auf, eine gewisse
Leichtigkeit. Ein Traum, eine schöne Vorstellung und dann die Rückkehr in
den Alltag, hart, eckig, nicht mehr so leicht und luftig, auch nicht mehr so
farbig und aus der wohltuenden berauschenden Geschwindigkeit des Wochenendes
wird bedrückende Hektik. Man fährt nicht mehr Cabrio im Alltag, keine Zeit
für den grossen Töff. Ist damit das Wehen des Geistes Gottes auch zu Ende?
Gehört der im Alltag auch in die Garage? So wie der Ausflug und der
Gottesdienst zum Sonntag gehören gehört der Geist Gottes auch nur dahin?
Im Gegensatz zur schönen Harley Davidson und zum Cabriolet, erwarte ich vom
Geist, der da an Pfingsten ausgegossen wurde, dass er alltagstauglich, auch
schlechtwettertauglich ist. Was nützt mir ein guter Geist, der mich in einem
Alltag, der oft genug von allen guten Geistern verlassen ist, auch noch
verlässt und mir auf gut bürokratische Weise sagen lässt: Hierfür bin ich
jetzt wirklich nicht zuständig.
Was meinen Sie? Gottes Geist sollte doch wetterfest sein? Dann brauchen wir
ihn doch.
Dann ist er auch da, vielleicht als die 5 Minuten Ruhe, die ich brauche, um
in der horrenden Geschwindigkeit des Alltags den klaren Kopf nicht zu
verlieren. Dann ist er da als die Atempause, die den Rhythmus des Tages
bricht, als das Gebet, das mich für einen Moment aus meiner Blockade
herausreisst , als der Blick ins Grüne, als der kurze Traum von der Ausfahrt
mit dem Töff. Er ist da. Bhüet Sie Gott.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
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Weg-Wort vom 21. Mai 2010
Pfingsten - Welcher Geist bewegt mich?
Pfingsten ist Pfingsten. Es ist der Tag, an dem Gott durch seinen Geist
kirchliche Gemeinschaft begründet. Er ist Boden und Antrieb für ein
Miteinander, das sich immer wieder neu an ihm auszurichten hat.
In den Nachrichten habe ich mir den aus-gelassenen Jubel in Basel über den
Meistertitel seines FC angeschaut. Ich habe vorher Stockers Tor mit dem
linken Fuss und das Kopftor von Chipperfield gesehen, aber auch gehört, dass
die SBB jedes Jahr ca 3 Millionen Franken ausgeben, um Fanschäden in den
Zügen zu beheben. Nein, so sehr ich ein gutes Fussballspiel geniesse, das
ist nicht der Geist, der Pfingsten ausmacht. Ich traue dieser Begeisterung
nicht, weil ich, seit Palmsonntag und Karfreitag weiss, wie schnell diese
Art von Begeisterung in ihr Gegenteil umschlagen kann. Ich traue auch ihrer
religiösen Form nicht. Denn auch sie kann unvermittelt in brutalen
Fanatismus kippen, der alles niedermäht, was nicht den eigenen
Glaubensinhalten und Glaubensformen entspricht.
Welcher Geist hat also die Jünger erfüllt? Einer, der die Zuhörer irritiert
hat. Und was hat irritiert? Ungebildete galiläische Fischer konnten auf
einmal so sprechen, dass alle sie verstanden haben als würde heute einer,
der die Attest-Lehre absolviert hat, so reden, dass ihn Amerikaner und
Chinesen, Inder und Brasilianer, Inuit und Aborigines verstehen könnten: Von
einem Geist erfüllt, dass Gesagtes verstanden wird. Eine Werberegel besagt:
Nicht das, was Du sagst, ist entscheidend, sondern das, was die andern
hören. Da spricht einer ganz und gar nicht die Sprache der Andern und sie
verstehen ihn. Bei uns ist es in der Regel umgekehrt. Und deshalb ist es
schon ein Wunder des Heiligen Geistes, wenn es geschieht, dass das, was
gesagt wird, auch gehört und verstanden wird.
Die Begeisterung durch den Heiligen Geist fällt also nüchterner aus. Es ist
nicht die ausgelassene Stimmung, von der ich, angesteckt, fortgeschwemmt
werde, zu lallen beginne, Unverständliches Zeugs schwatze und dann
vielleicht mit einem Kater aufwache. Das ist es nicht. Aber der Geisteinfall
ist es, der mich ernüchtert und verstehend macht der mich begreifen lässt,
was andere mir sagen, der mich unterscheiden lehrt, der mich verstehen
lässt, was wichtig ist.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
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PS: Ich schicke Ihnen das Wegwort noch einma, aber diesmal mit dem richtigen
Datum versehen.
Weg-Wort vom 25. Mai 2010
Pfingsten - Welcher Geist bewegt mich?
Pfingsten ist Pfingsten. Es ist der Tag, an dem Gott durch seinen Geist
kirchliche Gemeinschaft begründet. Er ist Boden und Antrieb für ein
Miteinander, das sich immer wieder neu an ihm auszurichten hat.
In den Nachrichten habe ich mir den aus-gelassenen Jubel in Basel über den
Meistertitel seines FC angeschaut. Ich habe vorher Stockers Tor mit dem
linken Fuss und das Kopftor von Chipperfield gesehen, aber auch gehört, dass
die SBB jedes Jahr ca 3 Millionen Franken ausgeben, um Fanschäden in den
Zügen zu beheben. Nein, so sehr ich ein gutes Fussballspiel geniesse, das
ist nicht der Geist, der Pfingsten ausmacht. Ich traue dieser Begeisterung
nicht, weil ich, seit Palmsonntag und Karfreitag weiss, wie schnell diese
Art von Begeisterung in ihr Gegenteil umschlagen kann. Ich traue auch ihrer
religiösen Form nicht. Denn auch sie kann unvermittelt in brutalen
Fanatismus kippen, der alles niedermäht, was nicht den eigenen
Glaubensinhalten und Glaubensformen entspricht.
Welcher Geist hat also die Jünger erfüllt? Einer, der die Zuhörer irritiert
hat. Und was hat irritiert? Ungebildete galiläische Fischer konnten auf
einmal so sprechen, dass alle sie verstanden haben als würde heute einer,
der die Attest-Lehre absolviert hat, so reden, dass ihn Amerikaner und
Chinesen, Inder und Brasilianer, Inuit und Aborigines verstehen könnten: Von
einem Geist erfüllt, dass Gesagtes verstanden wird. Eine Werberegel besagt:
Nicht das, was Du sagst, ist entscheidend, sondern das, was die andern
hören. Da spricht einer ganz und gar nicht die Sprache der Andern und sie
verstehen ihn. Bei uns ist es in der Regel umgekehrt. Und deshalb ist es
schon ein Wunder des Heiligen Geistes, wenn es geschieht, dass das, was
gesagt wird, auch gehört und verstanden wird.
Die Begeisterung durch den Heiligen Geist fällt also nüchterner aus. Es ist
nicht die ausgelassene Stimmung, von der ich, angesteckt, fortgeschwemmt
werde, zu lallen beginne, Unverständliches Zeugs schwatze und dann
vielleicht mit einem Kater aufwache. Das ist es nicht. Aber der Geisteinfall
ist es, der mich ernüchtert und verstehend macht der mich begreifen lässt,
was andere mir sagen, der mich unterscheiden lehrt, der mich verstehen
lässt, was wichtig ist.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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Weg-Wort vom 20. Mai 2010
Sicher kennen Sie das Sprichwort. Immer wieder machen wir diese Erfahrung.
Da entscheiden und handeln wir nach bestem Wissen und Gewissen, und am Ende
kommt nichts ausser Kritik. Das passiert am Arbeitsplatz, aber auch mit der
besten Freundin und mit dem guten Kollegen oder sogar mit dem Partner, der
Partnerin. Ich kann es einfach nicht immer allen recht machen, auch wenn ich
mich noch so sehr bemühe. Es gibt eben nicht nur immer richtig oder falsch,
gut oder schlecht. Hören wir auf jeden Kritiker und befolgen jeden
Ratschlag, haftet uns bald das Image an, keine eigene Meinung zu haben oder
uns einzuschmeicheln, indem wir jedem nach dem Mund reden. Wohin das führen
kann, zeigt eine Geschichte des Lehrers, Theologen und Dichters Johann Peter
Hebel, dessen 250. Geburtstag ihn wieder in unsere Erinnerung bringt:
Ein Mann reitet auf seinem Esel nach Hause und lässt seinen Buben zu Fuss
nebenher laufen. Kommt ein Wanderer und sagt: Das ist nicht recht, dass Ihr
reitet und lasst Euren Sohn laufen; Ihr habt stärkere Glieder. Da stieg der
Vater vom Esel und liess den Sohn reiten. Kommt wieder ein Wanderer und
sagt: Das ist nicht recht, Junge, dass du reitest und lässt deinen Vater zu
Fuss gehen; du hast jüngere Beine. Da sassen beide auf und ritten eine
Strecke. Kommt ein Dritter und sagt: Was ist das für ein Unverstand: zwei
Kerle auf einem schwachen Tier; sollte man nicht einen Stock nehmen und euch
beide herunter jagen? Da stiegen beide ab und gingen alle drei zu Fuss.
Rechts und links Vater und Sohn, und in der Mitte der Esel. Kommt ein
vierter Wanderer und sagt: Ihr seid drei komische Gestalten. Ists nicht
genug, wenn zwei von euch zu Fuss gehen? Gehts nicht leichter, wenn einer
von euch reitet? Da banden Vater und Sohn dem Esel die Vorder- und
Hinterbeine zusammen, zogen einen starken Baumpfahl durch und trugen den
Esel auf den Schultern heim.
So weit kann es kommen, wenn man es allen immer recht machen will.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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Weg-Wort vom 19. Mai 2010
Würze braucht es im Leben, aber nicht zu
Ich erinnere mich gut an den Weg, den ich mit mei-nem Vater gegangen bin
hinauf zum Hönggerberg, als Jugendliche ihm Chilischoten zum Essen
ange-boten haben. Er ist auf ihr Angebot eingegangen und die Freude war
auf beiden Seiten gross, als er diese scharfe Delikatesse genossen hat. Die
Schweiss-tropfen auf seiner Stirn haben die Jungs mehr gefreut, als die
ruhige Art des Genusses trotz allem. Die Liebe zu scharfen Gewürzen habe ich
nicht gestohlen. Curry, Peperoncini, Chili haben es mir angetan. Und dadurch
habe ich natürlich auch das Zuviel an Würze kennengelernt, das Zuviel an
Schärfe, als weder Brot noch Bananen, weder Wasser noch Bier etwas genützt
haben.
Der Unterschied zwischen Genuss und Qual, zwischen Freud und Leid ist nicht
gross. Es braucht ja auch nur zwei Buchstaben ihn zu umschreiben, diesen
Unterschied, der so viel, ja oft alles ausmacht. Zwei Buchstaben, und da
wird deutlich, wie wenig es braucht, um Grenzen zu überschreiten, um andere
zu überfahren, um aus einer freundschaftlichen Geste einen Übergriff werden
zu lassen. Im Schweizerdeutschen braucht es nicht einmal das ganze ZU, ein
Z mit Apostroph reicht. Zuviel Alkohol am Steuer, zu nahe, zu viel Salz
in der Suppe, zu hastig.
Suchen Sie diese ZUs in Ihrem Leben. Sie werden sicher fündig und erklären
Sie sie für überflüssig, verabschieden Sie so ein Zu nach dem andern aus
ihrem Leben, sorgfältig und bestimmt, aber nicht zu schnell: So können
scharfe Speisen wieder genossen werden, ohne dass sie zu scharf sind. So
kann eine Beziehung angegangen werden einfach nicht zu ....?
Sie erinnern sich an Jesu Salzwort (Mt 5, 13): Er sagt uns da, dass wir das
Salz der Erde seien, und als solches nicht fade werden sollen. Denn Salz,
das nicht mehr salzt, hat sein Bestimmung verloren und ist unbrauchbar. Aber
als Salz der Erde müssen wir achtsam sein, dass wir nicht zu viel salzen.
Salzloses Brot ist nicht gut, versalzenes jedoch ungeniessbar. Einen gut
gewürzten Tag wünsche Ich Ihnen.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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Weg-Wort vom 18. Mai 2010
Ausdauer braucht das Leben, aber nicht nur
Heute feiern sie ihren Hochzeitstag, nicht mehr einstellig, das silberne
schon hinter sich, und noch viel Zeit vor sich, sie zu füllen und zu
gestalten. Und alle, die das erleben, können von den Auf und Abs erzählen,
von den Durst-strecken, von den Höhenflügen, die über den siebten Himmel
hinausreichten, vom Alltag Grau in Grau und von den farbigen Zeiten, von
Wolkendecken, undurchdringlich und vom wär-menden Sonnenstrahl, der
Unmögliches fertiggebracht und das Dunkle aufgerissen hat.
Heute feiern sie ihren Hochzeitstag. Das tut doch gut, wenn man für sich
sagen kann: Es ist schön, dass wir es soweit geschafft haben. Letzten Endes
macht es auch dankbar, denn nicht jedem Ehepaar ist es geschenkt, 30, 35
und noch mehr Jahre gemeinsam zu verbringen und dann auch noch sagen zu
können: Es sind gute Jahre gewesen, nicht immer leichte, aber gute. Und aus
dieser Erfahrung kann Freude und Hoffnung auf eine weitere, erfüllte Zeit
wachsen.
Wenn ich junge Paare traue, dann wollen sie als sichtbares Zeichen ihren
Ring tauschen und ihn sich gegenseitig an den Finger stecken. Er steht für
das Versprechen sich für diese Beziehung einzusetzen. Die Ringe sind neu,
glänzen. Ein Strahlen, das sich in den Augen des jungen Paares wiederfindet.
Ich schaue in solchen Momenten oft meinen Ring an, abgeschliffen ist er, er
trägt Spuren des Lebens an sich, er ist nicht frisch, aber ich möchte ihn
nie und nimmer missen. So soll es doch auch mit der Liebe sein. Sie soll
sich verändern, sie wird gebraucht, die Gefahr ist gross, dass sie
verbraucht wird, aber wie der Ring soll sie kreisrund bleiben ohne
Anfang und ohne Ende.
Das wünsche ich allen Paaren, die sich auf den Marathon eines gemeinsamen
Ehelebens begeben oder mittendrin sind oder mitten in der Krise und allen,
die sich auf Beziehungen einlassen dass sie dranbleiben und nicht
vergessen: Unser Leben braucht Ausdauer und sorgsamen Umgang mit sich und
dem Nächsten.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
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Roman Angst, Toni Zimmermann
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