Weg-Wort vom 30. September 2010
Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft
Es ist zum Verzweifeln. Da gibst Du Dir Mühe, setzest all Deine Kraft, Deine
Fähigkeiten ein und leistest gute Arbeit. Die im Geschäft, erkennen das und
befördern Dich. Sie kennen Dich, wie Du arbeitest, Deine Art, sie ist fair
und engagiert. Nie würdest Du Dich auf eine unsaubere Sache einlassen und
andere übervorteilen. Du bist schon lange im Geschäft.
Und dann passiert es. Deine KollegInnen sitzen in der Pause ohne Dich
zusammen, mal vergisst man Dich zu informieren, immer mal wieder werden
Deine Meinung und Deine Aussagen öffentlich als falsch hingestellt , auch
wenn sie total richtig waren. Entschuldigungen kommen immer im Nachhinein
und im Zwiegespräch. Man beginnt einen Bogen um Dich zu machen. Alles ist
unauffällig und gar nicht so gemeint
Aber die Machtkonstellation in diesem Spiel ordnet sich so an, dass Du aus
dem Wohlfühlbereich der andern kippst. Keiner ist schuld daran und alle
meinen es doch gut. An Deine Integrität glaubt auf einmal niemand mehr
obwohl Du sie so oft bewiesen hast. Es ist nicht opportun. Und alle um Dich
herum spielen das Spiel mit. Keiner bremst, keiner geht dazwischen. Du hast
keine Chance.
Heute nennt man das Mobbing. Ein System von sozialer Zerstörung, das so
leicht in eine Gruppe einzubauen ist und so gut funktioniert. Es ist das
System der Zerstörung eines Einzelnen durch die Gruppe. Dabei ist das Opfer
einfach nur gut, anständig und sauber. Es hat keine Chance.
Wurde darum Jesus ans Kreuz genagelt, weil er solche Systeme aufdeckte,
Systeme der Zerstörung von Menschen, einfach weil sie gut, anständig und
sauber bleiben wollten und sich nicht auf die Machtspiele der Anständigen,
Guten und Sauberen einliessen?
Er hatte kein Brot und darum haben wir Brot bei ihm. Du hast eine Chance.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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www.bahnhofkirche.ch
Weg-Wort vom 29. September 2010
Es braucht immer zwei dazu
Sie kennen ja diese wunderbare Wendung, die oft gesagt wird zu Menschen, die
in einen Konflikt verwickelt sind. Dabei wird ganz klar vorausgesetzt, dass
an jedem Konflikt beide Parteien Schuld haben. Ich antworte dann oft mit
leichtem Zynismus. Schuld ist immer auch das Opfer.
Es macht mich wütend, dass mit solchen Sprüchen die Verantwortung
gleichmässig auf die Konfliktparteien verteilt wird. Aber letztlich will
sich da einer ja nicht einmischen und dabei eventuell die Finger verbrennen.
Solche Sprüche gehören zur Sprache von feigen Menschen: Ich will mich nicht
einmischen, ich will nicht Partei ergreifen, denn klar ist, wer in einem
Konflikt Stellung bezieht, der bekommt sein Fett ab. Oh wunderbare
Neutralität!
Da geht einer an Mädchen vorbei eines liegt am Boden und wird mit
Fusstritten traktiert es erinnert stark an die Geschichte vom Samariter,
der als einziger hilft.
Und doch, wenn ein Konflikt im Untergrund mottet oder schon ausgebrochen
ist, hilft Sich Einmischen, Stellung Beziehen, auch wenn es Zeit und Kraft
kostet und man keine Lorbeeren ernten kann. Sich aus den Dingen raushalten,
das haben wir weder von unserm Gott und Vater, noch von seinem Sohn, unserm
Bruder gelernt. Die mischen sich ein und zwar kräftig: Denken Sie nur an die
nicht sehr schönen Geschichten der Plagen beim Auszug aus Ägypten: Gott hat
sich da eingemischt und ausgeteilt. Solche Parteilichkeit Gottes hat heute
nicht mehr den besten Ruf.
Aber auch Jesus von Nazareth mischt sich ein, mit Krankenheilungen und
Sündenvergebung, zugunsten von Leidenden und Opfern.
Er sagt nicht, es braucht immer zwei und meint andere gehen mich nichts an:
Er mischt sich ein und zwar tüchtig mit klarem Verzicht auf Gewalt nicht
auf Macht.
Also mischen Sie sich ein, wo vor Ihren Augen Unrecht geschieht gewaltlos
vielleicht auch mit einer Prise Humor und ganz viel Unverfrorenheit. Die
Welt wird friedlicher dabei. Bhüet Sie Gott.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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Weg-Wort vom 28. September 2010
Guten Morgen Sonnenschein
Zu welcher Sorte gehören Sie?
Es klingelt der Wecker und Sie springen aus dem Bett und der Tag beginnt
voller Energie. Es ist einfach schon schön wach zu sein und den neuen Tag
anzupacken. Draussen kann die Sonne scheinen, draussen kann es regnen, das
macht alles nichts das Leben ist so kurz, freuen wir uns daran und füllen
es aus.
Es klingelt der Wecker. Von weit her klingelt er. Es braucht seine Zeit, bis
Sie wach sind, bis der Motor anspringt, die Lebensgeister erwachen. Alles
ist noch in Watte eingepackt. Ganz langsam geht das Aufstehen, der Kreislauf
hat noch nicht gemerkt, dass es Zeit dazu ist. Alles ist langsam, alles
braucht seine Zeit auch das Aufstehen. Die Freude über den Tag wächst
langsam. Es ist kein Schalter da, mit dem man einfach Licht aus, Licht an
spielen könnte. - Zu welcher Sorte gehören Sie?
Die eine ist so voll im Trend schnell, zackig, fast unheimlich die
Energie, die da ausgelebt wird aber sie passt zur Zeit. Die andere
langsam, träge fast letztlich nicht weniger effizient, aber im Aufstarten
kein Hirsch.
Alles hat seine Zeit lehrt uns der Prediger Salomos. Das Aufstehen hat
seine Zeit und das Zu Bett gehen, das Wachsein und das Schlafen Alles
hat seine Zeit. Das lernen wir vom Prediger. Aber wie setzen wir das in
einer Zeit um, in der kaum jemand Zeit hat, obwohl wir alle Zeit der Welt
geschenkt bekommen haben? Wie setzen wir um, dass alles seine Zeit hat?
Haben wir die Zeit, um unsern Alltag so zu gestalten, dass er sichtbar,
spürbar, lebbar ist und nicht in Geschwindigkeit verschwindet?
Nehmen Sie sich von dieser Zeit, die Ihnen geschenkt ist. Lehnen Sie sich
zurück und schauen Sie, was nötig ist zu tun und was nötig ist zu lassen.
Nehmen Sie sich die Zeit oder lassen Sie sich die Zeit schenken, dass der
Prediger recht bekommt und Ihr Leben zurecht kommt. Alles hat seine Zeit.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
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Weg-Wort vom 27. September 2010
Leuchtturm sein
Eine Kirchgemeinde, eine Pfarrei soll Leuchtturm, Gasthaus und Wohnstube
sein, und zwar in der genannten Reihenfolge. Das war die Vision, welche ein
mir bekannter Pfarrer vor Jahren entwickelt hatte. Wie kam er zu diesem
Dreiergespann?
1. Die Gemeinde soll sich nicht selbst anstrahlen wie einen Kirchturm.
Vielmehr soll sie ein Leuchtturm sein als Hilfe zur Orientierung, ein Licht
in Nebel und Dunkelheit.
2. Sie soll gastfreundlich und einladend sein, den
Menschen Raum geben und jeden einzelnen so annehmen, wie er ist. Es soll
neugierig machen, andere Leute in diesem Gasthaus zu treffen und mit ihnen
über Gott und die Welt zu reden.
3. Sie soll eine wohltuende Atmosphäre ausstrahlen. Das wäre wie heim kommen
in ein wohnliches Zimmer, wo man sich gerne länger aufhält und
wo die Familie zusammenkommt, um Ideen zu entwickeln, um zu essen, um
Freuden und Sorgen zu teilen, wo man füreinander da ist.
Klingt das eine Spur zu idealistisch für Sie? Mag sein. Trotzdem gefällt mir
die Vision sehr, denn sie beschreibt ein Ideal, das es wert ist, dass man es
vor Augen hat und darauf hinarbeitet. Ein Ideal lässt sich nie zu hundert
Prozent erreichen. Aber es ist das Zugpferd, der Motor, der uns antreibt und
die nötige Kraft und damit den nötigen Schub gibt, um sich ihm anzunähern.
Die Kirchgemeinde ist die Summe all ihrer Mitglieder. Damit sie eine
lebendige Gemeinschaft wird und auch bleiben kann, sollen möglichst viele
ihrer Mitglieder Leuchtturm, Gasthaus und Wohnstube sein, auf dass alle,
auch die Schwächsten, einen Weg finden, sich angenommen fühlen, heimkommen
dürfen und sich ausruhen können.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
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Weg-Wort vom 23. September 2010
Singend durch den Regen tanzen
Hinter dem Haus haben wir einen Pflanzblätz. Gurken, Zucchetti, Bohnen,
Salat, Kartoffeln, Tomaten, diverse Sorten auch von Specie Rara und nicht
zuletzt Chili, diese kleine scharfe Frucht. Sie zu essen und Gartenarbeit
haben die gleiche Wirkung: Sie treiben einem den Schweiss aus allen Poren.
Nach dem Pflanzen und Hätscheln kommt irgendwann die Zeit der Ernte.
Darauf freue ich mich auch. Aber dieses Jahr mit dem Regen, der nicht mehr
an das Singen und Tanzen des Verliebten erinnert, von Gene Kelly auf den
Strassen New Yorks so wunderbar inszeniert. Dieses Jahr hatte der Kampf mit
den Schnecken oberste Priorität, wenn man einmal ohne Schifferstiefel in den
Garten gehen konnte. Der Regen schwemmte und die Schnecken frassen alles
weg.
Kein Freudentanz eher mausgraue Traurigkeit und Schmerz über die verlorene
Zeit und die verlorene Ernte.
Und dann der Gedanke: Für mich ist das Hobby, Ausgleich für andere
Existenz, die da zerfressen wird. Dann werde ich bescheidener, lasse meinen
Kopf nicht hängen, sondern halte Ausschau nach Schönem, Gelungenem, nach den
Äpfeln, die aufgelesen werden sollen, noch nicht ganz reif das gibt so
wunderbare Wähen. Ich sehe, was trotzdem wächst, nicht verfault oder den
gefrässigen Schnecken zum Opfer gefallen ist. Ich sehe, was nährt und in
trister Zeit, Freude bereitet. Ich höre Gene Kellys Lied, habe seinen Tanz
vor Augen und spüre den Regen nicht mehr. Was lässt den Mann singen, was
lässt ihn tanzen? Die Liebe füllt ihn aus, lässt ihn fast platzen. Die
Liebe, dieses eigenwillige Ja zu mir, zu uns. Menschen sprechen es aus und
sychronisieren dabei nur Gottes Stimme, die Ja sagt zu uns. Und wenn die
Menschen einmal stumm werden, Gott bleibt bei seiner Meinung. Sein Ja zu uns
schwemmt kein Regen weg.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre Bahnhofkirche
(c) Bahnhofkirche
Roman Angst, Toni Zimmermann
Iris Daus, Rolf Diezi
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